Der polnische Alumne, der das St. Pöltner Priesterseminar mit kinderpornografischem Material ausstattete, ist verurteilt. Seine Mitbrüder lässt er aus dem Spiel. Seine Reue wirkt glaubwürdig.

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Schwül ist es im Saal. Die Fenster bleiben zu, damit man die dünne Stimme des bleichen Priesterseminaristen hören kann, der hier ermattet im staatlichen Beichtstuhl sitzt. Die zehn Schritte dorthin waren sein bisher härtester Bußgang. Er musste sich durch die schweren Geräte des öffentlichen Interesses durchkämpfen. Alle hochgerissene Kameras hatten ihn gleichzeitig eingefangen, noch einmal demonstrativ ertappt und ausgeleuchtet.

Der Prozess selbst ist nüchtern und kurz. Es gibt keine Ausreden, keine Beschönigungen. Die Schachtel mit den 1700 heruntergeladen Pornofotos, hauptsächlich Aufnahmen mit Kindern, liegt weit weg geschoben am Rand des Pults. "Es sind Fotos von mir bisher unbekannter Abartigkeit", sagt der Staatsanwalt. "Die Einsicht können wir uns sparen", meint die angewiderte Richterin.

Zuhörer Hermes Phettberg und Pornojäger Martin Humer

Die prominenten Zuhörer Hermes Phettberg und Pornojäger Martin Humer, die für den Showteil verantwortlich sein hätten können, wirken unterbeschäftigt und begnügen sich mit ein paar spöttischen Dialogfetzen vor der Verhandlung. Bischof Kurt Krenn ist zum Leidwesen der Schaulustigen natürlich nicht erschienen. Der große St. Pöltener Kirchenskandal bleibt im Gerichtssaal ausgeblendet. Der 27-jährige Piotr Z. hat sich mit der Rolle des Einzeltäters, an dem die gesamte Schande hängen bleibt, abgefunden. Die Kinderpornos hat er in Warschau aus Internetkanälen wie "Loveboy13" oder "Gayteens" hervorgeholt und auf die Festplatte gespeichert.

"Ich gebe zu, dass ich die Bilder angeschaut habe, und ich bereue es zutiefst", sagt er. Ob er dabei alleine war oder das Zeremoniell der Betrachtung mit Glaubensbrüdern geteilt hat, bleibt ungewiss. Dass er die Fotos noch vor dem Beginn des Priesterseminars im September 2003 gelöscht haben will, glaubt ihm keiner. Denn während der Hausdurchsuchung in St. Pölten wurde am Computer manipuliert. Kriminalbeamte konnten die gelöschten Dateien aber wieder sichtbar machen - und stießen auf Fragmente von E-Mails, in denen "Very joung boys" gesucht wurden, und auf jene "pornographischen Darstellungen mit unmündigen Personen, die zur sexuellen Erregung dienten", wie es der Staatsanwalt formuliert.

Der Kläger spricht den ehemaligen Alumnen auch auf die Motive eines Selbstmordversuchs vor einigen Wochen an. "Es war aus Trauer, aus Reue, aus Schamgefühl. Ich bin mir so hilflos vorgekommen", sagt der Angeklagte: "Es geht mir nicht so sehr um meine Person, mehr um die Schande, die ich meiner Familie bereitet habe."

Mediale Schonung

Beim Schlusswort bittet er die Medien, so über ihn zu berichten, dass man in Polen nichts davon erfährt. "Ich habe so viel kaputt gemacht und möchte es wieder reparieren", sagt er. "Ein Urteil möchte ich unbedingt haben", übersetzt die Dolmetscherin. Man weiß zwar nicht genau, was er damit gemeint hat. Aber ein Urteil kriegt er: Sechs Monate bedingte Haft. Bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren kann das als ein gnädiges Urteil angesehen werden. (Daniel Glattauer/DER STANDARD; Printausgabe, 14./15.8.2004)