Halleluja! Nun soll also die Bereinigung der Zustände im St. Pöltner Priesterseminar, für die letztlich Bischof Kurt Krenn mit seinem rückwärts gewandten Kirchenkurs verantwortlich war, zulasten der Homosexuellen erfolgen. Seit dem Zwischenbericht des aus Vorarlberg entsandten Exorzisten Klaus Küng über die Aushebung des "Freudenhauses für Homosexuelle" wissen wir nun, wie Priester sein müssen: "Belastbar und gesund", denn "je bedrängender der Priestermangel wird, desto ausgeglichener, aufrichtiger und tugendhafter müssen jene sein, die Priester werden". Daher auch klar, warum Schwule im Priesterseminar nichts verloren haben: Weil sie krank und nicht belastbar sind, unausgeglichen, unaufrichtig und lasterhaft. Homophile Kandidaten hält Küng grundsätzlich für das Priesteramt ungeeignet: Die Ausbildung aktiver homophiler Beziehungen mache einen völligen Neuanfang notwendig.

Natürlich ist es allein eine innerkirchliche Angelegenheit festzulegen, wer Priester werden darf und wer nicht. Die Kirche ist aber stets bestrebt, mit ihren Vorstellungen von Moral in die Gesellschaft zu wirken, oder etwas freier gesagt, diese der Gesellschaft aufzunötigen. Und spätestens von da an sind Beispiele von Diskriminierung und Diffamierung, wie sie Küng diesmal indirekt, doch unverblümt, einige seiner Kollegen immer wieder auch unverblümt und direkt liefern, nicht nur ein klerikaler Spleen, sondern eine öffentliche Angelegenheit.

Gesund, aufrichtig und tugendhaft

Hätte man Kurt Krenn gefragt, ob Priester gesund, aufrichtig und tugendhaft sein sollen, er hätte selbstverständlich dasselbe geantwortet wie sein nunmehriger Visitator. Offenkundig hat ihn dieses Anforderungsprofil aber nicht vor dem Eindringen des ungesunden Lasters in sein Priesterseminar bewahrt. Eher im Gegenteil: Er sammelte sogar Seminaristen, die anderswo bereits abgelehnt worden waren und sprach noch von Bubendummheiten, als er der Schlange längst hätte den Kopf zertreten müssen.

Wer das unverhohlene Misstrauen Krenns gegenüber allem, was der Kirche den ihm nötig erscheinenden Gehorsam verweigert, genießen durfte, wird wohl auch der nun vorgetragenen Lehre, der Bischof sei halt zu vertrauensselig gewesen, den Gehorsam verweigern.

Krenn hatte einfach andere Aufnahmekriterien, und höchste Kirchenkreise haben das lange mit Wohlgefallen betrachtet. Nur deshalb konnte er sich so lange sicher fühlen und noch Ende Juli darauf vertrauen, sein Priesterseminar werde wieder aufgemacht. Der Priestermangel, den Krenn auf seine Weise lindern wollte, würde sich wohl um einiges verschärfen, wenn alle Priester, die homophile Neigungen verspüren, betroffen von der Küngschen Diagnose, aus ihren Ämtern schieden. Die Kirche muss inständig hoffen, dass sie gescheiter sind. In aller Heimlichkeit, versteht sich.

"Homosexuelle Ideologie"

Für die Kirche muss es schmerzhaft sein zu sehen, wie auch der Widerstand der christlichen Volkspartei gegen die "homosexuelle Ideologie" (Küngs Salzburger Kollege Andreas Laun) allmählich erlahmt. Nun will der Klubobmann der steirischen VP homosexuelle Partnerschaften den heterosexuellen gleichstellen, die Landesrätin für Finanzen hat ihre Unterstützung zugesagt. Wichtig sei es, Werte wie Liebe, Vertrauen und Geborgenheit zu sichern, meinte sie. Apage Satanas! Und der geschäftsführende Obmann der Wiener VP fühlt sich "am Beginn des 21. Jahrhunderts so weit, dass wir jegliche Form des sexuellen oder partnerschaftlichen Zusammenlebens als gegeben empfinden". Nur Boss Schüssel versucht noch, die Pforten der Hölle zuzuhalten, indem er "am besten gar nichts" sagt.

Wenn die Enthemmung der Volkspartei zur Vernunft so weitergeht, ist es höchste Zeit, ihr einen Visitator zu schicken. (DER STANDARD; Printausgabe, 14./15.8.2004)