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Eine seltsame Profilierungsneigung hat die ÖVP befallen. Man kann sich fragen, warum. In Salzburg glaubt der neue Landeshauptfraustellvertreter Haslauer damit punkten zu können, wenn er die Frage, ob in Landeskrankenhäusern Abtreibungen durchgeführt werden dürfen (dürfen! – nicht: müssen!) zur Koalitionsfrage hochstilisiert. Und in Wien will der Bundeskanzler zur Frage der überfälligen Maßnahmen zugunsten homosexueller Beziehungen am liebsten gar nichts sagen.

Niemand tritt für Abtreibung als Instrument der Geburtenkontrolle oder als bevorzugtes Mittel der Schwangerschaftskontrolle ein. Niemand und schon gar nicht die Salzburger Landeshauptfrau. Sie hat beim Koalitionsabkommen mit der ÖVP für Bedingungen gekämpft, unter denen Eltern und Kinder im Land Salzburg optimale Bedingungen zu ihrer jeweiligen Entwicklung finden, etwa für eine deutliche Aufstockung der Zahl der Kindergartenplätze, um Beruf und Familie besser vereinbar zu machen usw.

Aber sie tritt zugleich dafür ein, dass Frauen in Notsituationen, die sie zur Abtreibung veranlassen, nicht nach Wien fahren oder gegen viel Geld einen Arzt finden müssen, der die Abtreibung in seiner Praxis durchführt, sondern eine Chance in den Krankenhäusern im eigenen Land finden, diesen schweren Gang zu gehen.

Glaubt irgendwer, dass die Entscheidung, abzutreiben leicht ist? Warum müssen da noch zusätzliche Schwierigkeiten aufgebaut werden? Warum müssen da auch noch zynische Anmerkungen gemacht werden – etwa, dass die Fahrt nach Wien ohnehin bloß drei Stunden dauere oder dass Schönheitsoperationen ja auch nicht auf Kasse im Landeskrankenhaus durchgeführt würden und dass daher auch Abtreibungen privat finanziert werden sollten? Ist das die Partei, die sich als Familienpartei bezeichnet? Die, um die es hier geht, sind Menschen in psychischer Not und zumeist auch noch in prekärer finanzieller Lage. Und die sind es wert, sich ernsthaft um sie zu sorgen. Und als ultima ratio auch, ihnen eine gefahrlose Abtreibung in einem nahe gelegenen Krankenhaus zu ermöglichen.

Offene Diskussion wird verweigert

Fast noch unverständlicher ist die Verweigerung einen offenen und ehrlichen Diskussion der Gleichstellung homosexueller Beziehungen mit heterosexuellen. Glaubt irgend jemand, dass die Diskriminierung homosexueller Partnerschaften den heterosexuellen Partnerschaften hilft? Was spricht dafür, homosexuellen PartnerInnen den Zugang zu ihren lebensgefährlich erkrankten PartnerInnen im Krankenhaus zu verweigern? Was spricht dagegen, homosexuellen PartnerInnen nach dem Tod des/der Lebenspartners/Lebenspartnerin im Erbrecht wie Ehegatten zu behandeln? Gegen das Argument "da könnte ja jeder kommen..." hilft die rechtliche Anerkennung der Lebenspartnerschaft. Und gegen das Argument, dass so die Ehe entwertet würde, hilft die Frage, was es der Ehe nützt, wenn gleichgeschlechtliche Liebe diskriminiert wird.

Ist es nicht an der Zeit – immerhin sind wir im 21. Jahrhundert angekommen –, diese Art der Profilierung zu Lasten ohnehin schon Benachteiligter zu unterlassen? Gibt es nicht genügend Chancen zur positiven Profilierung?