London - Der russische Ölkonzern Yukos muss nach Angaben
seines Finanzchefs in den kommenden Tagen Insolvenz anmelden, sollten
die Behörden in Moskau ihren Druck auf das Unternehmen nicht
abschwächen. Er halte die Zahlungsunfähigkeit für "sehr
wahrscheinlich", sagte Finanzchef Bruce Misamore in einem am Montag
veröffentlichten Interview mit der "Financial Times". Mit Erreichen
der Monatsmitte stünden dem Konzern nicht mehr genügend Finanzmittel
zur Verfügung. Damit stehe die Insolvenz unmittelbar bevor.
Insolvenz nicht schlechtestes Szenario
"Eine Insolvenz ist nicht das schlechteste Szenario - unter der
Voraussetzung, dass alles gesetzmäßig abläuft", fügte Misamore hinzu.
Die russischen Behörden hätten rund die Hälfte der Finanzmittel in
Höhe von rund 1,8 Mrd. Dollar (1,5 Mrd. Euro) beschlagnahmt, die dem
Unternehmen normalerweise jeden Monat zur Verfügung stehen.
Der russische Fiskus verlangt von Yukos allein für das Jahr 2000
Steuerrückzahlungen in Höhe von 2,8 Mrd. Euro; für die Jahre 2001 bis
2003 drohen weitere Forderungen. "Das gesamte Geld wird abgeschöpft.
Wir können nicht überleben", betonte Misamore. Zwar habe der
steigende Ölpreis Yukos mehr Einnahmen beschert und damit für einige
zusätzliche Tage Luft verschafft, doch ändere dies insgesamt wenig an
der Lage des Konzerns.
Ölförderung könnte beeinträchtigt werden
Das Konzernmanagement wird laut Misamore in dieser Woche
zusammenkommen, um über Einschnitte bei den Investitions- und
Produktionsbudgets zu beraten. Dies könne auch die Ölförderung
beeinträchtigen, warnte der Yukos-Finanzchef. Zwar werde
voraussichtlich eher eine Korrektur der bisher angestrebten
Produktionssteigerung nach unten als eine Absenkung der derzeitigen
Förderung beschlossen; doch habe der Konzern bisher weder mit den
staatlichen Eisenbahnen, die einen Großteil des Yukos-Öls
transportieren, noch mit den Pipeline-Betreibern eine Einigung über
den Monat August hinaus erzielt. Ab September könne damit auch der
Ölexport beeinträchtigt werden. (APA)