Cover: 30 Jahre frauenhausbewegung
London 1972, das war die Stadt und das war das Jahr, wo alles begann. Mit der Eröffnung des ersten Frauenhauses endete die Zeit des Verleugnens und Verschweigens von Männergewalt gegen Frauen in Westeuropa, so weit dieses damals reichte.

In den Jahr(zehnt)en danach gelang es Vertreterinnen der neuen Frauenbewegung, den Gedanken, dass geprügelte Frauen des Schutzes vor dem Prügler bedürfen - und nicht, wie es traditionell geschah, weiterer Schuldbezichtigungen -, in immer mehr Ländern zu verbreiten. Die Zahl von Frauenhäusern und Anti-Gewalt-Gesetzen stieg.

So ging es weiter, bis 1989, als sich das freie Europa auf einen Schlag vergrößerte. Um Länder, in denen es keine Frauenbewegung gegeben hatte, Länder, die heute, so zeigt der vorliegende Band, die große Herausforderung für die Frauenhausbewegung sind.

Und zwar - je nach Land - auf sehr unterschiedliche Art und Weise: Die in dem Buch zusammengefassten Erfahrungsberichte von Aktivistinnen, die sie bei einer Tagung in Wien 2002 vorgetragen haben, zeigen dies. Hätten Sie etwa gedacht, dass es zwar in dem von den Balkankriegen noch gezeichneten Kroatien, nicht aber im friedfertigen Ungarn Frauenhäuser gibt?

Neben solchen Schilderungen vermitteln die Beiträge aus Schweden und Österreich das Ausmaß des binnen 30 Jahren Erreichten. Natürlich auch die Schwachpunkte, doch - so die Schwedin Angela Beausang - "die Kolleginnen (aus Osteuropa und der Türkei, Anm.) wissen dann zumindest, wofür es sich zu kämpfen lohnt": Für genug Frauenhäuser und Anti-Gewalt-Maßnahmen nämlich, weil die Frauenfrage - wie das Buch zeigt - eine gesamteuropäische Zukunftsfrage ist. So weit, wie dieses Europa reicht. (Irene Brickner, DER STANDARD, Print, 17.8.2004)