"Lambda"-Präsident Graupner: "Heterosexuelle würden es nicht gerne sehen, würden ausschließlich Homosexuelle ihr Familienrecht gestalten."
montage: derStandard.at (foto: standard/cremer)
Wien - Das Rechtskomitee "Lambda", Österreichs Bürgerrechtsorganisation für homo- und bisexuelle Frauen und Männer, begrüßt zwar die Ankündigung der ÖVP, eine Arbeitsgruppe zur rechtlichen Absicherung gleichgeschlechtlicher Familien einzusetzen, ruft aber gleichzeitig die ÖVP dazu auf, nicht nur über, sondern auch mit homo- und bisexuellen Frauen und Männern zu reden. Der geplanten Arbeitsgruppe der Volkspartei sollten daher auch die Interessenverbände gleichgeschlechtlich lebender Frauen und Männer angehören.

"Gönnerhaft"

"Heterosexuelle würden es nicht gerne sehen, würden ausschließlich Homosexuelle ihr Familienrecht gestalten", so der Wiener Rechtsanwalt und "Lambda"-Präsident Helmut Graupner in einer Aussendung. "Ebensowenig werden die homo- und bisexuellen BürgerInnen unseres Landes Entscheidungen über ihre Lebensmodelle akzeptieren, die gönnerhaft ausschließlich von Heterosexuellen gefällt werden".

Gegen "Zivilpakt"

Ablehnend reagiert "Lambda" auf die Forderung der Grünen nach einem "Zivilpakt" (ZIP) für gleichgeschlechtliche Paare. Es sei zwar sehr positiv, wenn die Palette der familienrechtlichen Institute erweitert werde und damit Paare aus mehr Alternativen auswählen können, die Schaffung einer Ehe zweiter Klasse ändere aber nichts an der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare.

Der von den Grünen vorgeschlagene Zivilpakt soll laut "Lambda" nur einen Bruchteil der Rechte und Pflichten der Ehe mit sich bringen und beinhalte vor allem nichts über die Kinder in Regenbogenfamilien. In Österreich wachsen zehntausende Kinder in lesbischen oder schwulen Lebensgemeinschaften auf. Lesbische und schwule Eltern tragen alleine oder in Partnerschaft Verantwortung für die Erziehung und das Wohlergehen ihrer Kinder. Doch noch immer sind diese Regenbogenfamilien Familien zweiter Klasse und werden rechtlich diskriminiert. Auch sie haben im Interesse der Kinder Anspruch auf Rechtssicherheit.

Keine schlechteren Eltern

Lesben und Schwule seien keine schlechteren Eltern als heterosexuelle Menschen, nur weil sie eine andere sexuelle Orientierung hätten. Insbesondere die fehlende Möglichkeit zur Stiefkindadoption (also des leiblichen Kindes des/der PartnerIn) entziehe den Kindern Versorgungsansprüche und sorge für Unsicherheit.

In Europa hätten auch nur zwei Länder das grüne ZIP-Modell gewählt (Frankreich und Luxemburg) während alle anderen Staaten gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zu den Rechten und Pflichten der Ehe eröffnet hätten.

Mayer: Gleichstellung "höchst an der Zeit"

Verfassungsjurist Heinz Mayer erklärt im STANDARD-Gespräch, mit dem "Recht auf Eheschließung" meine die Europäische Menschenrechtskonvention von 1950 (ebenso wie jene der UNO) eine "Verbindung zwischen Mann und Frau". In Artikel 12 heißt es: "Männer und Frauen im heiratsfähigen Alter haben das Recht, nach den innerstaatlichen Gesetzen, welche die Ausübung dieses Rechts regeln, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen." Für Mayer ist aber die Gleichstellung homosexueller Paare mit der Ehe zwischen Heterosexuellen "höchst an der Zeit".

Er hält es für verfassungswidrig, dass für homosexuelle Paare "bestimmte Beschränkungen" gelten, "für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt. Ich darf nicht in Bereichen, die mit der sexuellen Orientierung nichts zu tun haben (Wohn-, Erb-, Sozialrecht), unterschiedlich behandeln", so Mayer. Das Thema Adoption sei aber "differenzierter" zu behandeln. (red/APA/DER STANDARD, Print, 17.8.2004)