"Wie man eine Bank nicht privatisiert", betitelte einst das Wall Street Journal den jahrelangen Zirkus rund um den Verkauf der Creditanstalt. Auch Mitte der Neunzigerjahre war es ein betuchter Schweizer Großkonzern, nämlich die Credit Suisse, die mit der österreichischen Regierung verhandelte und dann angesichts des nationalistischen Getöses jedes Interesse verlor. Angesichts dessen, was mit der CA später geschah, weinen viele immer noch diesem gescheiterten Deal nach.

Wenig hat sich seither geändert. Immer noch schwanken Österreichs Politiker zwischen dem Wunsch, Staatsbeteiligungen zu möglichst hohen Preisen an den Meistbietenden aus dem In- oder Ausland zu verkaufen, und der Sehnsucht nach "nationalen Champions", die trotz des fehlenden inländischen Kapitals im österreichischen Eigentum bleiben und in der europäischen Liga mitspielen können. Wer all dies gleichzeitig anstrebt und dabei einen Schlingerkurs fährt, droht sich mindestens ebenso lächerlich zu machen wie einst die rot-schwarze Koalition bei der CA-Privatisierung.

Glaubwürdigkeit der Wirtschaftspolitik geschadet

Was immer man vom geplatzten Zusammenschluss von Swisscom und Telekom Austria (TA) auch hält - die Ereignisse der letzten drei Tage haben der Glaubwürdigkeit der österreichischen Wirtschaftspolitik schwer geschadet. Und die Art und Weise, wie Kanzler Wolfgang Schüssel seinen Finanzminister zuerst gewähren lässt und ihn dann im letzten Moment - sei es auf Drängen der FPÖ oder Einflüsterer aus seiner Partei - zurück pfeift, lässt die viel gerühmte Kompetenz des Regierungschefs in einem zweifelhaften Licht erscheinen. Von der Privatisierung, einst ein Kernstück der schwarz- blauen Wirtschaftspolitik, ist nach einigen frühen Erfolgen nur noch ein Scherbenhaufen zurückgeblieben.

Niemand weiß, ob die Swisscom letztlich ein guter Partner für die TA gewesen wäre. Seit der Übernahme der Bank Austria durch die HypoVereinsbank sind Österreicher gebrannte Kinder. Aber das Größenverhältnis hätte bei der Swisscom und der TA deutlich besser gepasst. Und die von der ÖIAG ausgehandelten Konditionen waren zumindest so, dass viele Analysten Swisscom-Chef Jens Alder davor warnten, er werde von den Österreichern über den Tisch gezogen. Stattdessen entschieden die "Ösis", lieber sich selbst zu berauben.

Kleingeistig

Die vom blamierten Karl-Heinz Grasser nun gefeierte Börsenplatzierung von 17 Prozent wird der österreichischen Seele - und der Wiener Börse - sicher gut tun. Denn sie ist so kleingeistig, wie es das Land braucht. Natürlich kann der einstige Monopolist TA dank seiner hohen inländischen Marktanteilen auf eigenen Füßen stehen. Doch diese werden durch die fortschreitende Liberalisierung, dem wachsenden Wettbewerb und technologischen Umwälzungen tendenziell sinken - und damit auch Umsätze und Gewinne. Dies weiß auch die Börse, auf der die TA-Aktie gleich um 20 Prozent - oder 1,2 Milliarden Euro Marktwert - abstürzte, als das Scheitern der Fusion ruchbar wurde. Selten zuvor wurde in Österreich in so kurzer Zeit so viel Geld von Aktionären und Steuerzahlern vernichtet.

Die Idee, dass eine TA nun etwa mit einem Einstieg bei der tschechischen Telekom zum regionalen Spieler aufsteigen kann, ist naiv. Gegen mitbietende Telekom-Riesen hat sie kaum eine Chance - das wäre mit der Swisscom im Rücken wohl eher gegangen. Schon die gut gemanagte OMV tut sich schwer, ihre Mitteleuropa- Vision zu verwirklichen. Ihre beste Chance besteht darin, den größten Müll am Markt - wie die rumänische Petrom - zu schlucken und diesen dann mühsam zu sanieren.

Die TA ist zwar in Kroatien und Slowenien erfolgreich, aber bereits bei ihren Expansionsversuchen in Bulgarien auf peinliche Weise stecken geblieben. "Nationale Champions" - wenn sie in Europa überhaupt noch einen Platz haben - sehen anders aus. Eines Tages droht eine Übernahme unter weniger günstigen Bedingungen. Dann wird man wieder einmal den Schweizern nachweinen. (Eric Frey, Der Standard, Printausgabe, 20.08.2004)