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Foto: APA/NEUMAYR
Gestern wurde endlich die Frage beantwortet, die den großen Europäern um Andreas Mölzer wochenlang unter den Nägeln brannte: Was wurde eigentlich aus dem blauen Super-Spitzenkandidaten für die EU-Wahlen? Nach der Anfang August in "Zur Zeit" vertretenen Auffassung des Fragestellers handelt es sich dabei um einen Herrn Kronleuchter, Armberger - oder so ähnlich. Der hat sich bekanntlich nach Zwangsabtretung seines freiheitlichen EU-Mandats an den Herausgeber besagten Blättchens dem Verfassungsgerichtshof anvertraut, mit der Beschwerde, eine Vorzugsstimmenregel, die einer Mehrheit den Willen einer 7-Prozent-Minderheit aufzwingen könne, wäre verfassungswidrig.

Leider zu spät, wie ihm das Höchstgericht nun mitteilte. Wegen Fristversäumnis wurde die Thematik erst gar nicht angeschnitten. Indirekt hat damit das Höchstgericht die Vorsehung bestätigt, die Andreas Mölzer in das EU-Parlament katapultierte - viele Wähler waren es ja nicht -, auf dass er dort bis zum letzten Atemzug gegen die Aushöhlung des Nationalstaates kämpfe. Voll Vertrauen in die österreichische Justiz griff Mölzer sicherheitshalber in das kaum ins Schweben gekommene Verfahren ein. Vorbehaltlos zu seinen Gunsten - noblesse oblige, das versteht sich in diesen Kreisen von selbst -, was ja kein Problem ist, wenn man über ein eigenes Organ verfügt.

Wenn es um die nationale Sache geht, gibt es auch unter Parteifreunden keinen Pardon. Da wird ausgemerzt wie in den besten Zeiten eines Joseph Goebbels, der es in der Kunst, Andersdenkende durch Verdrehen ihres Namens vor dem gleichgeschalteten Mob der Lächerlichkeit preiszugeben, zu beneideter Meisterschaft brachte. Fast eine ganze Druckseite war neulich diesem edlen Unterfangen gewidmet, in dessen Verlauf Hans Kronberger (um seinen richtigen Namen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen) nicht weniger als zehn Mal verdreht wurde.

Der Verfasser hat keinen intellektuellen Aufwand gescheut, um auf Hans Kronsteiner, von dort zu Kronmayer und über Egon Erwin Kusch zu Kronhuber zu gelangen. Zu so viel Esprit gesellte sich in der Folge ein Spritzer eher bodenständigen Humors. Lachen Sie sich nicht auch halbtot über Hans Kronleuchter oder gar Kronzuzler? Als Hans Kronhüttler wird der Verfasser einer Dissertation über Egon Erwin Kisch entlarvt (daher auch Egon Erwin Kusch), während Hans Kronlackner der Schelm ist, der sich einst nicht geschämt hat, für diese Arbeit den Preis eines Instituts entgegenzunehmen, das seinem erfolgreichen Mitstreiter vermutlich niemals einen Preis verleihen wird - des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes.

Dass 40 Prozent der FPÖ-Wähler durch seinen erfolgreichen Mitstreiter motiviert waren und nur 20 Prozent durch ihn, Hans Kronbeutler, ist da nicht so wichtig. Stimmt. Der erfolgreiche Mitstreiter verdankt seinen Erfolg aber weder seinem schriftstellerischen Genie noch seiner politischen Ausstrahlung, sondern allein der Mobilmachung des blut- und bodenständigen Heimatdienstes für einen Kärntner, der ihr geistig näher steht als ein unsicherer Kantonist, der der FPÖ beitritt, nur um sein Mandat zu retten.

In Erwartung des Spruchs der Verfassungsrichter steigerte sich in "Zur Zeit" die Angriffslust zu nackter Hysterie. Klare Sache für Mölzer, nahm das Blatt zuletzt in rechtsstaatlicher Gewissheit das Ergebnis vorweg. Aber auch der Weihe durch eine noch höhere Instanz versicherte sich Mölzer rechtzeitig. Abgedruckt ist das Faksimile eines Schreibens vom 9. August, in dem Bundesparteiobfrau Ursula Haubner und Generalsekretär Uwe Scheuch versichern: Für die freiheitliche Führungsspitze bestand nie ein Zweifel, daß Sie als demokratisch gewählter Mandatar der Vertreter der FPÖ im Europäischen Parlament sind. Na dann! Was hätten die Verfassungsrichter da noch tun können?

Und weil man in diesen Kreisen keinen Genierer kennt, rückte auch noch Mölzer-Sohn Friedrich-Wilhelm für den Papa aus, um unter dem Titel Keinen Genierer Hans Kronberger die ganze Schuld für das schlechte Abschneiden der FPÖ bei der EU-Wahl zuzuschieben. Wir entsinnen uns der einzigen Peinlichkeit, dass er im Wahlkampf in keiner Weise auf die Menschen zuzugehen vermochte, während Andreas Mölzer, wo immer er auftritt, als wahre Stimmungskanone gilt; dass er unter peinlichen Verrenkungen seine linkslinke Herkunft zu kaschieren suchte, die die FPÖ bis zur Erweckung Mölzers gar nicht gestört hat, um dann - ein Akt des besonderen Opportunismus - kurz vor der Wahl noch der FPÖ beizutreten. Wo doch Opportunismus der FPÖ völlig wesensfremd ist.

Schön, jetzt auch höchstgerichtlich bestätigt zu haben, dass sich Opportunismus einfach nicht lohnt. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.8.2004)