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Wegen der Regenzeit sind viele Sandpisten in der Darfour-Region unpassierbar. Auch viele Flüchtlingslager stehen teilweise unter Wasser.

Foto: Reuters
"Wir brauchen mehr - von allem. Momentan können wir nicht alle Menschen hier ausreichend versorgen", verlautet aus dem Büro des UN-Welternährungsprogramms (WFP) in El Geneina, der Hauptstadt der Region Westdarfour. 340.000 Menschen - vertrieben durch die Janjaweed-Attacken - versorgte das WFP hier im letzten Monat, mit einer halben Million rechnet man bis Ende August. Der Zustrom in die Camps reißt nicht ab, die Lage wird sich noch dramatisch verschlechtern.

Zwei große Probleme behindern dabei die Arbeit der Helfer. Zum einen ist es der katastrophale Zustand der Sandpisten, aufgeweicht und teilweise unpassierbar durch den Regen. Dazu kommen Sicherheitsprobleme, weil die Kämpfe eine Lebensmittelverteilung nicht zulassen.

Dem Transportproblem begegnet man mit Abwürfen aus der Luft, was enorm kostspielig ist. Mehr als 100.000 Menschen kann man allein in Westdarfour, das etwa so groß wie Österreich ist, am Landweg nicht mehr erreichen. Nur noch einige Ziegelhäuser

Lange bevor man das größte Flüchtlingslager der Region in Morni, rund 80 Kilometer südöstlich der Hauptstadt El Geneina, erreicht, sieht man bereits die weißen Plastikfolien in der Sonne glänzen, mit denen die kleinen Strohhütten notdürftig gedeckt sind. Ursprünglich lebten rund 6500 Menschen hier, ehe vor einem Jahr die ersten Flüchtlinge auftauchten. Heute drängen sich mehr als 70.000 in Morni. Nur noch einige Ziegelhäuser ragen aus dem Meer von Hütten, das sich über vier Quadratkilometer erstreckt.

Hier finden die traumatisierten Vertriebenen vorerst alles, was sie zum Überleben brauchen. Sie bekommen Nahrung falls der Nachschub durchkommt, medizinische Versorgung, für die Kinder sind Schulen organisiert.

Diese Menschen haben aber alles verloren, was ihr Leben ausmachte: ihre Dörfer, die Äcker und ihre Herden. Abstoßend zynisch klingt dann der Kommentar eines Regierungsvertreters, die Leute strömten in die Camps, um hier die "Segnungen der internationalen Hilfe zu genießen".

Wer für ihre Tragödie verantwortlich sei, liegt für die Menschen in Morni klar auf der Hand. "Die Regierung attackierte unser Dorf. Seither sind wir hier. Es gab viele Tote bei uns, die wir nicht begraben konnten." Sicherheit nur im Lager

Die Männer wagen es nicht, das Lager Morni zu verlassen. So bleibt es Aufgabe der Frauen, aus dem umliegenden Busch Feuerholz zu sammeln oder die Toten zu begraben. Ihnen drohe aber nicht der Tod, sondern "nur" Vergewaltigung, meint eine Unicef-Helferin lakonisch.

Auf dem Weg nach Morni konnte man tatsächlich Kamelherden neben der Straße sehen. "Janjaweed", meinte der Fahrer. Nur die Nomaden hätten Kamelherden. Sie lagern irgendwo in der Nähe. In Morni selbst ist ein kleines Kontingent Polizisten stationiert, die für Sicherheit sorgen sollten. Die Flüchtlinge trauen den Uniformierten aber nicht. Statt die Menschen zu schützen wären sie vielmehr für verschiedene Übergriffe verantwortlich.

Jetzt drängt die Regierung die Flüchtlinge, in ihre Dörfer zurückzugehen und unterzeichnete am Samstag eine Vereinbarung mit den Vereinten Nationen. Mehr als eine Million Menschen erhalten das Recht, wieder nach Hause zurückzukehren, wenn sie sich sicher genug fühlen.

"Aber wir werden das Lager nicht verlassen. Hier haben wir alles zum Überleben, dort haben wir nichts", meinen viele Flüchtlinge im Lager. Zurückkehren werde man nur, wenn die Sicherheit gewährleistet werde. Was würde man als Garantie akzeptieren? "Internationale Truppen." (DER STANDARD, Printausgabe, 23.8.2004)