***
STANDARD: Warum sind Sie mit Ihren Leuten nach El Geneina gekommen? Hassan: Unsere Siedlung Jabun wurde überfallen. Zuerst kamen die Janjaweed. Sie attackierten uns um sieben Uhr in der Früh auf ihren Pferden und Kamelen. Danach folgten weitere Angriffe - mit Autos und Helikoptern. Sieben Tage lang haben sie uns immer wieder überfallen. Insgesamt 50 Männer aus Jabun sind dabei gestorben. Wir haben alles verloren, unsere Ernte, unser Vieh. Unsere Toten konnten wir noch begraben, aber die Janjaweed haben einige wieder ausgegraben und einfach liegen lassen. STANDARD: Wie lange haben Sie mit der Flucht gewartet? Hassan: Die Milizen kamen immer wieder. Wir haben uns in der Nähe des Dorfes zehn Tage versteckt. Dann sind wir endgültig geflohen und haben alles zurückgelassen. STANDARD: Wurden Sie auch auf der Flucht angegriffen? Hassan: Wir sind nur in der Nacht gegangen, am Tag haben wir uns versteckt. Zwei Nächte waren wir unterwegs. STANDARD: War es das erste Mal, dass Jabun attackiert worden ist? Hassan: Der erste Überfall geschah 1995. Damals sind 22 Menschen gestorben. 1998 hatten wir bei einer weiteren Attacke 322 Opfer zu beklagen. Damals haben wir uns aber noch verteidigt. STANDARD: Bei der jüngsten Attacke war keine Verteidigung möglich?

Hassan: Früher haben wir mit Schwertern und Speeren gekämpft. Die Janjaweed hatten die selben Waffen. Wie aber hätten wir uns gegen Gewehre, Fahrzeuge oder Hubschrauber verteidigen sollen?

STANDARD: Wissen Sie, warum man Sie angegriffen hat? Hassan: Wir wissen es nicht. Es ist ein Plan der Regierung, aber wir wissen nicht, was dahinter steckt. STANDARD: Wie überleben Sie im Flüchtlingslager vor der Stadt El Geneina?

Hassan: Am Anfang bekamen wir noch Lebensmittel von der UNO. Jetzt aber nicht mehr. Viele Männer arbeiten ein wenig in der Stadt und können so ihre Familien notdürftig versorgen. Wir können das Flüchtlingslager aber nicht verlassen und zurück in unsere Siedlung.

STANDARD: Haben Sie vor, nach Jabun zurückzukehren? Hassan: Wir können nicht. Es ist zu gefährlich. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.8.2004)