Den Anteil des Auslandsgeschäftes, der derzeit bei zehn bis zwölf Prozent liegt, will die Energie AG langfristig verdoppeln.

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Wien - Die Energie AG Oberösterreich (EAG) setzt in ihrer Expansionsstratgegie vor allem auf das Geschäft mit Müll und Wasser. Bis 2008/2009 soll der Nicht-Energiebereich rund ein Drittel zum Umsatz beitragen, kündigte Generaldirektor Leo Windtner am Montag bei einem Pressegespräch in Wien an.

"Kontrollierte Expansion"

Konzentrieren wolle man sich im Zuge der "kontrollierten Expansion" vor allem auf die Wachstumsmärkte Tschechien, Slowakei und Ungarn. Peripherere Regionen kämen nicht in Frage, "wir stürzen uns in keine Abenteuer", so Windtner. Vor allem kommunale Dienstleistungen sollten das Wachstum tragen.

Vor fünf Jahren habe der Anteil des Nicht-Energiebereiches am Umsatz zwischen 5 und 10 Prozent betragen, seit drei Jahren liege er bei 12 Prozent und gehe nun in Richtung 15 bis 20 Prozent. Aus dem Entsorgungsbereich kämen positive Ergebnisbeiträge, mit "klar steigender Tendenz". Der Anteil des Auslandsgeschäftes von derzeit 10 bis 12 Prozent sollte sich auf längere Sicht verdoppeln.

Im Kerngeschäft Energie sei im Ausland der Wärmebereich interessant. Möglichkeiten könnten sich auch im Zuge der "Joint-Implementation" beim Emissionshandel ergeben. Dabei finanzieren Unternehmen Maßnahmen zur Emissionsreduktion im Ausland, für die im Rahmen ihres Engagements erzielten Reduktionen erhalten sie Emissionszertifikate, die sie nutzen können. So könnte die EAG beispielsweise ihr Wasserkraft-Know-how nutzen und in einem ersten Schritt "einige zig" Megawatt (MW) Wasserkraft installieren und dafür CO2-Zertifikate erhalten.

In Tschechien zurückgemeldet

In Tschechien sei es der EAG nach dem Ausstieg aus drei Energieverteilunternehmen gelungen, sich Ende 2003 mit der Übernahme von zwei Wasserversorgern von der Anglian Water Group sofort wieder zurückzumelden. An der Südböhmischen VAK JC hält die EAG 95,2 Prozent. Das Unternehmen erzielte mit 1.048 Mitarbeitern einen Umsatz von 40 Mio. Euro, das Wasserleitungsnetz beträgt 3.145 Kilometer, das Kanalisationsnetz 1.102 Kilometer. Die VAK Beroun, an der die EAG mit 58,3 Prozent beteiligt ist, erzielt mit 129 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von 4,6 Mio. Euro.

Die EAG hat über ihre Tochter AVE von der deutschen RWE die Entsorgungsaktivitäten in Tschechien und Ungarn übernommen. Im Entsorgungsgeschäft werden in Tschechien von der EAG mit rund 500 Mitarbeitern Leistungen für 500.000 Einwohner erbracht. Die EAG ist der größte private Entsorger in der Hauptstadt Prag. In den kommenden Jahren seien in Tschechien ingsgesamt rund 1,4 Mrd. Euro an Investitionen im Entsorgungsbereich zu erwarten, illustrierte EAG-Manager Helmut Burger das Potenzial auf diesem Markt. Auch im Wasserbereich sei mit zweistelligen Zuwachsraten zu rechnen. So sollten beispielsweise rund 570 neue Kläranlagen gebaut werden. Im September werde die EAG eine Infrastrukturoffensive in Südböhmen starten.

Investitionen in Ungarn

In Ungarn seien im Abfallbereich in den kommenden Jahren Investitionen von 1,3 Mrd. Euro zu erwarten. Von der EAG werden derzeit mit rund 800 Mitarbeitern Entsorgungsleistungen für rund 1 Million Einwohner erbracht. Der Umsatz belief sich auf rund 20 Mio. Euro. Die EAG sei damit Marktführer unter den privaten Entsorgungsunternehmen.

In der Slowakei habe man derzeit keine konkreten Übernahmeprojekte, so Windtner. Der Markt sei aber interessant. Zunächst werde der slowakische Markt in den Grenzregionen von Ungarn und Tschechien aus bearbeitet. Ein Markt für die EAG ist auch Süddeutschland, dort denke man aber an keine Akquisitionen.

Bisher flossen in die Expansion rund 70 Mio. Euro, mittelfristig sollen weitere 70 Mio. Euro dazukommen.

Strompreise steigen

Die Energie AG rechnet darüber hinaus weiter mit steigenden Strompreisen. Im Zuge des wachsenden Stromverbrauchs werden auch neue Kraftwerkskapazitäten notwendig. Angesichts steigender Primärenergie- und Großhandelspreise und weitgehend ausgeschöpfter Rationalisierungskapazitäten bei den Unternehmen gehen die Strompreise wieder nach oben, sagte Windtner.

Für Haushaltskunden werde die EAG die Preise im Herbst nach Ende des laufenden Geschäftsjahres 2003/2004 erhöhen. Die Bandbreite nannte Windtner mit "alles inklusive 5 bis 7 Prozent". Die EAG hat die Preise für Haushaltskunden zuletzt im Jahr 1992 erhöht.

"Irrationale Tiefen" wieder kompensiert

In Österreich sei man nun in der Phase, dass sich die Preise wieder nach oben bewegen. Bei jeder Liberalisierung gingen die Preise in der ersten Phase auf "irrationale Tiefen". Nach dieser Phase der Irrationalität gingen die Preis dann auf längere Sicht wieder auf Vollkostenniveau. Bei den Industriestrompreisen sei es zu Beginn der Strommarktöffnung in Österreich zu Rückgängen von 50 bis 55 Prozent gekommen, dies sei nun zu rund zwei Dritteln wieder kompensiert.

Druck am Großkundenmarkt erwartet Windtner von der slowenischen Istrabenz, die wie berichtet die Verbund-Großkundentochter APC gekauft hat. Die Abgabe eines Teils des Großkundengeschäfts war eine wesentliche Auflage der EU-Wettbewerbshüter für die Genehmigung der Österreichischen Stromlösung (ÖSL), der Kooperation von Verbund und EnergieAllianz (EVN, WienEnergie, EAG, Linz AG und Bewag).

Stromlösung braucht "Corporate Identity"

Den operativen Start der Österreichischen Stromlösung erwartet Windtner "frühestens mit dem neuen Jahr". Die EnergieAllianz und damit die ÖSL bräuchten eine Corporate Identity, "da gibt es akuten Handlungsbedarf".

Zu eventuellen Auslandskooperationen der Unternehmen der EnergieAllianz sagte Windtner, eine "akkordierte Außenpolitik" der österreichischen Energieunternehmen werde nicht leicht möglich sein.

Analysen zu neuen Kraftwerkskapazitäten laufen

Zu neuen Kraftwerkskapazitäten der EAG laufen derzeit Analysen. Im Herbst werden Ergebnisse für das Wasserkraftpotenzial vorliegen, so Windtner. Es handle sich dabei nicht nur um Kleinwasserkraft.

Überlegungen gebe es auch im kalorischen Bereich: Der Entscheidungsprozess über den eventuellen Bau eines Gaskraftwerkes mit einer Erzeugungskapazität von 300 bis 400 MW sei für das erste Halbjahr 2005 zu erwarten. Errichtet werden könnte das Kraftwerk möglicherweise auch gemeinsam mit einem Partner. Das Investitionsvolumen bezifferte Windtner mit 140 bis 200 Mio. Euro. (APA)