Wien - Es hat schon seine Gründe, warum man die Schatzkammer der Hofburg durch eine massive Tresortüre betritt: Die verwahrten Objekte - Juwelen, Ornate, Prunkwaffen, Kleinodien - sind tatsächlich von unschätzbarem, weil auch immateriellem Wert. Im Vergleich zu den Insignien des Heiligen Römischen Reiches mit der Reichskrone (10. Jahrhundert) oder der österreichischen Kaiserkrone ist das Salzfässchen, das im Mai 2003 aus dem Kunsthistorischen Museum (KHM) gestohlen wurde, bloß Nippes.

Dennoch sind die Zimelien nicht versichert. Weil es den "Grundsatz der Nichtversicherung von Bundeseigentum" gibt, wie Wilfried Seipel erklärt, der als KHM-Generaldirektor auch Chef der Schatzkammer ist. Bei einem Raub wäre die Klage zwar groß. Dass es zu einem solchen kommen könnte (wie in Oslo), glaubt Seipel aber nicht: Die Schatzkammer sei ein "Hochsicherheitstrakt", die Objekte sind durch Panzerglas geschützt.

Im Zuge der Ausgliederung 1998 hatte Seipel die Kunstwerke zwar pauschal versichern lassen. Eine Investition, die sich doppelt und dreifach gerechnet hat: Sollte die Saliera nicht mehr auftauchen, muss die Uniqa die vereinbarte Maximalsumme von 36 Millionen Euro zahlen. Das Geld käme allerdings nicht dem KHM zugute, sondern dem Finanzminister - weil die Saliera (wie alle Kunstobjekte) eine Leihgabe des Bundes ist.

Der Rechnungshof aber kritisierte die Basisversicherung: Da eben der Grundsatz der Nichtversicherung gilt, sollte besser in den Objektschutz investiert werden. Worauf Seipel etwas erbost die Versicherung stornierte.

Andere Museumsdirektoren, darunter Klaus Albrecht Schröder von der Albertina, haben dennoch Basisversicherungen abgeschlossen: "Weil wir uns nicht auf den Staat verlassen wollen", so Klaus Pokorny, Pressesprecher der Österreichischen Galerie.

Zumindest gegen Wasser und Feuer hat sich die ebenfalls ausgegliederte Nationalbibliothek versichern lassen. Eine Objektversicherung gibt es aber nicht, erklärt Generaldirektorin Johanna Rachinger. Weil es unmöglich sei, die Handschriften und Inkunabeln zu bewerten. Und weil die Versicherungssumme exorbitant hoch wäre. Wenn jemand die letzten Worte, die Mozart schrieb, aus der Partitur des Requiems herausreißt (wie Ende der 50er-Jahre passiert): Dafür kann es ohnedies keinen Ersatz geben. Daher gilt auch für die ÖNB, die Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken. Ein bereits ausgearbeiteter Masterplan soll nun in Etappen umgesetzt werden.

Das Schloss Schönbrunn hingegen ist gegen alle Eventualitäten versichert. Denn als die Betriebsgesellschaft gegründet wurde, stand man noch unter dem Schock des Redoutensaalbrands im November 1992. Allerdings gibt es in Schönbrunn keine derart wertvollen Stücke wie im KHM oder in der Schatzkammer: Die barocke Anlage wurde auf "nur" 255 Millionen Euro versichert. (Thomas Trenkler/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. 8. 2004)