Alpbach - "Österreich ist overbanked", postuliert Michael Hysek. Am Montag präsentierte der Leiter der Bankenaufsicht innerhalb der heimischen Finanzmarktaufsicht (FMA) bei den Bankengesprächen des Forums Alpbach Zahlen, die dies "nicht leugnen können". Mit einer gemeinsamen Bilanzsumme von rund 605 Milliarden Euro, was dem rund Dreifachen des Bruttoinlandsproduktes (2003: 210 Mrd. Euro) entspricht, liegen Österreichs Banken zwar im europäischen Mittelfeld. Auffällig seien jedoch die Vergleichszahlen, was die Dichte der Bankenfilialen und der dort beschäftigten Mitarbeiter betrifft, sagte Hysek, zur Eröffnung des Symposiums zum Thema Ertragskraft im Tiroler Bergdorf. Traditionell versammelt sich dort die heimische Bankerriege, um aktuelle Branchenherausforderungen zu diskutieren.

Pro Bankenfiliale werden in Österreich neun Mitarbeiter gezählt. Im EU-Schnitt sind es nur 7,5. Auch mit statistisch gesehen 0,54 Filialen pro tausend Einwohner liegt Österreich über dem EU-Mittelwert von 0,49. Hysek: "Das schlägt sich natürlich auf die Kosten". Damit war er mitten im heiklen Thema: Das Verhältnis von Kosten und Ertrag (Cost-Income-Ratio) liegt in Österreich durchschnittlich bei 65. In Deutschland zwar bei sehr hohen 74 Prozent, im EU-Durchschnitt aber bei knapp 63. Im Gespräch mit dem STANDARD bezeichnete Hysek diesen Wert als "zu hoch in Österreich". Das Verhältnis gehöre "in Richtung 60".

Durch ihr starkes Engagement in den neuen EU-Ländern und den Beitrittskandidaten der so genannten zweiten Runde (CEE-Länder) sind die heimischen Institute dafür aber in einer günstigen Situation: Mit nur einer Filiale pro 7000 Einwohnern gilt CEE als "underbanked", die Länder haben im Vergleich zu Österreich (mit rund 15 Prozent) teilweise höhere Raten beim Haftungskapital (Solvency Ratio) und geringere Kostenquoten. Hysek: "Außerdem sind die Margen höher und das Privatkundengeschäft steht auch auf der Produktseite erst am Anfang". Dies bei einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 3,5 Prozent in den kommenden Jahren, also einer erwarteten wesentlich stärkeren Nachfrage nach Bankdienstleistungen und Bankprodukten. Hysek: "Das wird sich positiv auf die Ertragssituation der Österreicher auswirken".

Hysek wiederholte, was Banken und Versicherungen in Österreich schon gemerkt haben: Die FMA habe ein neues Selbstverständnis. Sie hat sich aktive Gestaltung der Rahmenbedingungen vor genommen. Nach den heiß umkämpften Mindeststandards für das Fremdwährungskreditgeschäft der Banken sind das jetzt Standards für die interne Revision und das Kreditgeschäft insgesamt, wofür ein Entwurf derzeit in Begutachtung ist. Für heftige Diskussionen dürfte erneut gesorgt sein. (DER STANDARD Printausgabe 31.08.2004, Karin Bauer)