Wien - Harri, ein ehemaliger König im roten Lichte des Wiener Gürtels, einer der "Buam" vom "Höbaus Ederl", ist wegen Vergewaltigung angeklagt. "Des is ma peinlich", sagt er. "I hob nämlich mehr als 100 Frauen g'habt." - Er meint, die hätten es nicht nur freiwillig, sondern auch gern mit ihm getan.

Ebenfalls peinlich: Der Angeklagte ist mit seinen 42 Jahren für eine Cheffunktion im Rotlicht bereits zu alt, hütet nur mehr seine Spielautomaten und muss jetzt auch noch angeben, wovon er lebt: "Meine Frau hat ein Restaurant mit Sushi." Und einen 70.000 Euro teuren Mercedes fährt sie obendrein. "Warum lerne ich nie solchen Frauen kennen?", murmelt Richter Thomas Schrammel.

"L'Amour-Peda"

Ausflüge in die Szene gibt es für Harri angeblich nur noch selten. Ende September hat sich der "L'Amour-Peda", Chef des gleichnamigen Lokals, seiner erinnert und ihn "auf ein Zimmer" eingeladen. Ungewöhnlich? - Nein. "I bin 20 Jahre im Nachtleben, des is ganz normal, dass ma auf a Zimmer geht", sagt er. "Was haben Sie im Zimmer gemacht?" - "Wos ma hoit im Zimmer so mocht." - "Also ich schlafe", verrät der Richter.

Der Angeklagte hat mit einer Prostituierten geschlafen. "Vielleicht bin ich ein Spießer, aber sind Sie nicht verheiratet?", fragt der Richter: "Mit der Frau vom Sushi-Lokal." Stimmt. Er habe überdies seit sieben Jahren eine fixe Freundin. "In dem G'schäft is des ois normal", erklärt er.

"Kusch, mir san die Polizei!"

Nun, die Prostituierte wollte nicht. "Des hob i net bemerkt", sagt der Angeklagte. Die Schreie habe er ganz anders gedeutet. Sein Verteidiger Peter Philipp versteht in diesem Zusammenhang die Unterwelt nicht mehr. "Es ist doch ein riesiger Unterschied, welche Frau überhaupt vergewaltigt werden kann." Sein Mandant Harri sagt es noch dreister: "Seit wann muss ma a Hur' vergewaltigen?" Staatsanwalt Hans-Christian Leiningen schüttelt den Kopf, eine Schöffin schließt im Schock die Augen.

Dem ehemaligen Gürtelkönig wird noch eine weitere Vergewaltigung im Auto und Widerstand gegen die Staatsgewalt bei der Festnahme vorgeworfen. "Hilfe, Polizei!", habe der Tobende gerufen. - "Kusch, mir san die Polizei!", habe man ihm geantwortet. Der Prozess wird vertagt. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.9.2004)