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Eine Gleichgeschlechtlichen-Ehe soll es nach Vorstellung der ÖVP nicht geben.

Foto: REUTERS/Brian Snyder
Horst (42) und Hans (44) sitzen einander gegenüber und lächeln. Dreizehn Jahre ist es her, seit sich das Paar in einem Szenelokal in Graz kennen gelernt hat. "Es war Liebe auf den ersten Blick", sagt Horst.

Für ihn ist Hans überhaupt die "allererste Beziehung". Hans hingegen war schon einmal verliebt: in eine Frau. Während eines gemeinsamen Urlaubs geriet dieses Verhältnis in eine Krise. Wäre das nicht passiert, Hans wäre womöglich bei einem heterosexuellen Lebenskonzept geblieben: "Ich komme mir so normal und bürgerlich vor."

Genauso gestaltet er auch sein gemeinsames Leben mit Horst. Dieser ist in der gemeinsamen Wohnung, die die beiden seit zehn Jahren teilen, fürs Kochen zuständig, denn "mich hat die Mama immer verwöhnt". Hans organisiert dafür die gemeinsamen Urlaube und beklagt sich: "Manchmal wird's mir schon fast zu viel, weil Horst immer meine Eltern mitnehmen will."

Die Familie ist mit der Partnerwahl von Horst sehr zufrieden. Anfangs - bei seinem Outing mit 25 Jahren - hatte seine Mutter noch geweint. Seither jedoch "lebt es sich hundertmal leichter", sagt Hans.

Recht auf Glück

Heute reagiert im Umfeld des Paares niemand mehr irritiert, wenn sie sich zu ihrer Liebe bekennen. Umso unverständlicher ist es für die beiden, dass ihre Partnerschaft offiziell noch immer nicht gleichberechtigt ist. "Es kommt mir vor wie das Festhalten der Kirche am geozentrischen Weltbild", ärgert sich Horst. Man wolle nichts weiter, als dem gemeinsamen Glück auch eine rechtliche Basis geben. Wenn sich nichts ändert, "wandere ich in der Pension aus", sagt Hans.

Hier und jetzt hingegen fordert Veronika (29, Name geändert) mehr Rechte für ihre "Patchworkfamilie mit anderen Vorzeichen" ein. Seit vier Jahren lebt sie mit Anna (33, Name geändert), deren und ihrer Tochter in der Stadt Salzburg zusammen. Wichtig - so betont sie - wäre "vor allem die Stiefkindadoption".

Gebe es diese Möglichkeit, den Nachwuchs des gleichgeschlechtlichen Partners an Kindes statt anzunehmen bereits, hätten die zwei Frauen eine Sorge weniger: "Dann wäre es sicher, dass - sollte einer von uns etwas zustoßen - die Kinder zusammen bei der Zweiten bleiben können." Nach derzeitiger Gesetzeslage entscheiden in einem solchen Fall die zuständigen Jugendbehörden über die Unterbringung. Die Töchter des Salzburger Paares - Petra ist sieben, Linda zehn Jahre alt (Namen geändert) - stammen beide aus früheren heterosexuellen Beziehungen ihrer Mütter. Die neue Familie verteidigen die Kinder mit Verve: "Das ist meine Halbschwester, das ist meine Halbmami!". Probleme, so betonen Veronika und Anna, hätten die Mädchen nicht mit dem lesbischen Lebensstil ihrer Mütter, "sondern mit Vorurteilen der Gesellschaft".

Etwa, als eine Religionslehrerin im Unterricht Homosexualität als Krankheit bezeichnete: "Petra war schockiert, jetzt will sie nicht mehr zur Erstkommunion." Solche Erfahrungen - meint Veronika - machten die Kinder "der Umwelt gegenüber vorsichtiger": Wüssten die Mädchen über die Einstellungen eines Gesprächspartners zu Lesben und Schwulen nicht Bescheid, würden sie sich neuerdings erst "vorsichtig fragend" an diese herantasten.

Vorsicht nach außen

Überhaupt steht bei der lesbischen Familie Vorsicht im Umgang mit der Außenwelt oft im Mittelpunkt. "Bevor man sich outet, kommt immer dieses Abtasten. Das ist auf die Dauer ganz schön anstrengend", meint Anna. Doch es gibt Lichtblicke: "Die Schulverantwortlichen akzeptieren uns als Elternpaar. Ist eine von uns nicht erreichbar, so rufen sie einfach die andere an."

In Wien gibt es seit rund zwei Jahren eine Selbsthilfegruppe für homosexuelle Väter. Bei "Papas in motion" wird einmal im Monat über Probleme mit der Expartnerin, aber auch über Erziehungsfragen offen gesprochen. Bis zu 17 Väter kommen zu den Treffen. Thomas Fröhlich, Sozialarbeiter bei "Papas in motion": "Es gibt keine fixen Rezepte. Durch das Reden bekommt man aber leichter eine Ahnung, wie es gehen könnte."

Zur zentralen Frage nach dem Kindeswohl hat im Jahr 2002 eine Studie des Instituts für Familienforschung festgehalten: "Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Entwicklung von Kindern, die bei homosexuellen oder heterosexuellen Eltern aufwachsen." (bri, kmo, pm/DER STANDARD, Printausgabe, 1.9.2004)