Durch die demographische Entwicklung in Europa und die künftige Situation am Arbeitsmarkt werde es aber "mehr Migration geben". Die Frage, "geschieht das passiv, oder ist das etwas, was wir aktiv gestalten können?", beschäftigte Holzmann und Münz in ihrem Buch "Herausforderungen und Möglichkeiten der internationalen Migration für die EU", das diese Woche in Amsterdam präsentiert werden soll.
Ausbildungsstätten
"Wir wollen Asylverfahren nicht abschaffen", erläuterte Münz. "Die Frage ist aber, wie gestalten wir unsere Zuwanderung in bestem gemeinsamen Interesse von Herkunfts- und Zielländern?" So gebe es etwa die Strategie, in Ländern mit einer jungen wachsenden Bevölkerung Ausbildungsstätten zu schaffen. Ein Beispiel aus dem Pflegebereich, wo allein in Österreich in den nächsten zehn Jahren bis zu 30.000 zusätzliche Beschäftigte benötigt werden: "Auf den Philippinen werden wesentlich mehr Krankenschwestern ausgebildet als das philippinische Gesundheitssystem selber benötigt. Die Philippinen unterstützen das mit der Perspektive, dass diese Krankenschwestern dann woanders arbeiten, im Ausland zum Teil ein Vielfaches davon verdienen, als sie im Inland verdient hätten. Dies ermöglicht die höheren Ausbildungskosten zu refinanzieren, nicht zuletzt über die Rücküberweisungen dieser philippinischen Krankenschwestern in das jeweilige Land."
Entwicklung des Humankapitals
Das sei auch das Interesse der Weltbank dabei: "Migration kann helfen die Lage in den Entwicklungsländern zu verbessern", sagte Holzmann: "Weil weniger Leute um die Arbeit kämpfen, weil die Rücküberweisungen aus den Ländern von hoher Bedeutung sind. Und weil durch die Entwicklung von Humankapital in den Empfängerländern ein hohes Maß an Wissen transferiert wird."
Keine Gefahr, dass Arbeitsplatz weggenommen wird
Die Gefahr, dass die Migranten den Einwohnern die Arbeitsplätze wegnehmen, sehen die beiden Experten nicht. "Es gibt nicht zu wenig Arbeit, die Arbeit geht nicht aus", betonte Holzmann. Länder mit hoher Einwanderungsrate wie die USA zeigten, "dass es sehr wohl möglich ist, ein hohes Maß an Migration mit hoher wirtschaftlicher Dynamik zu verbinden. Auch ist es nicht so, dass Länder, die Migration verhindern, die geringsten Arbeitslosenraten haben." Migranten trügen außerdem durch "komplementäre Arbeit" zur Wirtschaftsdynamik bei. So ermögliche etwa ein philippinisches Kindermädchen, dass eine gebildete amerikanische Frau ihren Beruf ausüben kann.