Einen groben Schnitzer darf sich ein Mitarbeiter üblicherweise leisten. Das gilt auch für Manager - in der Privatwirtschaft wie auch in der staatlichen. Beim zweiten Fehler wird es normalerweise eng, beim dritten ist endgültig Schluss mit lustig. Dass den in der Privatwirtschaft erprobten Führungskräften der Verstaatlichtenholding ÖIAG von der Regierung nicht drei, sondern fünf kapitale Niederlagen (Stand: 1. September, 17 Uhr) zugestanden werden, ist eine großzügige Geste. Erklärbar ist sie wohl damit, dass es sich eh "nur" um Staatseigentum, also Geld der Steuerzahler handelt, mit dem hier hemmungslos herumgefuhrwerkt wird.

Genau diese Einstellung ist es aber, die den Steuerzahler aufbegehren lassen müsste: die Geringschätzung seines Eigentums. Alles Staatliche ist schlecht, so das Credo. Daher, glaubt man offenbar ableiten zu können, dürfe man ruhig befreundete und vor allem für jeden Durchgriff dankbare Manager einsetzen.

Bemerkenswert ist allerdings, dass die Wendepolitiker nicht einmal in ihrer Geringschätzung konsequent sind. Wenn ihnen nämlich schon die Tausenden Beschäftigten, die Millionen an Steuereinnahmen und die Prosperität dieser - Gott sei Dank mittlerweile nur noch teilstaatlichen - Betriebe egal sind, dann sollten sie wenigstens davon ablassen, die Unternehmen, das Ansehen Österreichs und dessen Kapitalmarkt zu schädigen. Schließlich streifen sie ja auch die Gewinne der Verstaatlichten ein (es sind ja nicht alle Betriebe von Sanierungserfordernissen geplagt wie die VA Tech).

Das allerdings nicht nobel schweigend. Denn die obersten Eigentümervertreter, Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, nützen die einmal jährlich wiederkehrende Gelegenheit auch noch dazu, die Wertsteigerung zu lobpreisen, die Post, Telekom Austria, OMV, AUA und Co durch die angebliche Wende in der Verstaatlichtenpolitik zuteil wurde.

Freilich, der Kanzler hätte schon reden sollen, aber rechtzeitig. Bevor Grasser die Voest an Magna verscherbeln wollte, bevor die damals schon kränkelnde VA Tech in die Hände wankelmütiger Spekulanten gegeben wurde und bevor der Telekom-Deal floppen und sich einige wenige goldene Nasen verdienen konnten. Ganz zu schweigen vom Postbus, der an die marode ÖBB verkauft wurde und filetiert werden soll (was sich jetzt als wirtschaftliches Desaster entpuppt). Der ehemalige Wirtschaftsminister hätte schlicht einen vernünftigen Privatisierungsauftrag erteilen sollen, der keine Widersprüche enthält.

Nun, da die Kuh aus dem Stall und das Image der einst angesehenen Privatisierungsagentur ramponiert ist, tut eine Atempause Not. Dazu braucht es erst recht eindeutige Aussagen seitens der ÖIAG, wie sie zu ihrem Eigentum steht, und was sie damit will.

Die VA Tech, deren Sanierungsbedarf jahrelang unterschätzt und verschleppt wurde, jetzt plötzlich als eine "Industrieperle" (Karl-Heinz Grasser) zu bezeichnen reicht dafür nicht. Das ist bestenfalls zynisch. Denn die einstige Rostlaube der Voest-Alpine mag vielleicht eine Perle sein, man sieht es derzeit aber nicht, und die entsprechende Fassung fehlt auch noch.

Beteiligungsmanagement, eine wesentliche Aufgabe der ÖIAG, ist mehr, als die betroffenen Manager und Beschäftigten beruhigend zu streicheln und zu hoffen, dass sie die mit der anderen Hand ausgehandelten Geheimdeals nicht bemerken. Beweise, dass auch noch deren Qualität zu wünschen übrig lässt, gibt es zuhauf, sind doch alle im Augenblick ihres Bekanntwerdens politisch tot. (DER STANDARD Printausgabe 02.09.2004)