Hainburg/Wien/Kiew – Dem Nationalpark Donauauen werde "buchstäblich das Wasser abgegraben", ereifert sich Ulrich Eichelmann, Wasserexperte des World Wide Fund for Nature (WWF) in Wien. Infolge von Schotterausbaggerungen im Donaubett zwischen Marchmündung und slowakischer Staatsgrenze drohe in der Au ein Absinken des Wasserspiegels.

Noch "bis sechsten September" – so Eichelmann – würden die umfangreichen Arbeiten fortgesetzt. Dann habe man der Stromsohle an die 80.000 Kubikmeter Schotter ("Das sind 8000 Lkw-Ladungen") entnommen. Und zwar ersatzlos: "Der Schotter wird in der Slowakei vermutlich als Baumaterial verwendet", schrieb Eichelmann am 20. August in einer Sachverhaltsdarstellung an die Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha.

Zudem finde der Aushub "ohne wasserrechtlichen Bescheid" statt: Ein solcher existiere nur auf der Strecke zwischen Wien und der Marchmündung. Die "Illegalität" – so der Experte – unterscheide die Hainburger Schotterbewegungen auch von jenen, die von der Firma Austria Hydro Power derzeit beim Wachauer Kraftwerk Altenwörth durchgeführt werden: reine Routinearbeiten, notwendig geworden, weil der in Staustufen unterteilte Fluss den von der Strömung mittransportierten Schotter nicht mehr aus eigener Kraft in Richtung Unterlauf schiebt.

Für die Schifffahrt

An dieser Stelle legt WSD- Leiter Ewald Baumgartner scharfen Protest ein. Auch die Schotterbaggerungen bei Hainburg würden "rein der Instandhaltung der Donau als Schifffahrtsstrecke dienen", betont er. Für solche Arbeiten jedoch lägen Bewilligungen durchaus vor: "Wir werden die Baggerungen auch fortsetzen, wenn es für die Aufrechterhaltung des Schiffverkehrs nötig sein sollte." Auch für den Fall, dass die Bezirkshauptmannschaft Bruck bis dahin noch zu keiner neuen Rechtsmeinung gekommen sein sollte.

Keine große Furcht vor möglichen ökologischen Folgen der Schotterentnahme hat auch Nationalpark-Donauauen-Direktor Carl Manzano: "Die Eintiefung betrifft unsere Auen nicht", meint er. Gesetzliche Regelungen für das Schottermanagement an der Donau hielte er jedoch für wichtig. Die Entscheidung in Bruck werde zeigen, wie diese aussehen könnten.

Einer Meinung mit dem WWF ist Manzano hingegen in Sachen Schifffahrtskanal im ukrainischen Donaudelta. Der von der Regierung in Kiew forcierte Plan, einen künstlichen, hochseeschifftauglichen Gewässerarm quer durch "ökologisch wertvollstes Gebiet zu legen", sei "dringend abzulehnen". Zumal erste Bauarbeiten bereits im Gange seien.

Manzano und Eichelmann sind Teil einer Front prominenter internationaler Kritiker des Kanals: Sowohl vom Europarat und der Europäischen Kommission als auch vom deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem US-State Department kamen negative Stellungnahmen.

In Österreich indes – so Eichelmann – sei Zustimmung zu den ukrainischen Kanalbauplänen laut geworden. Und zwar vonseiten des heimischen Infrastrukturministeriums. So hieß es auf eine Anfrage von Außenministerin Benita Ferroro-Waldner, was von dem Projekt zu halten sei: "In diesem Sinne wird das ukrainische Projekt unterstützt." (Irene Brickner; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 03.09.2004)