New York - Einer aktuellen Studie zufolge sind mindestens 200.000 Internet-User vom Cybersex besessen. Erstmals wurde versucht, die Anzahl der unter solchen Zwangsneurosen leidenden Menschen zu eruieren. Der Untersuchung zufolge ist die Sucht nach Cybersex ein stark wachsendes Problem für die Gesellschaft. Kritiker zweifeln an der Gültigkeit der Ergebnisse. Die Studie ist in der Märzausgabe des Journal of Sexual Addiction and Compulsivity nachzulesen. Als Cybersex-Zwangsneurotiker gilt, wer mehr als elf Stunden pro Woche auf Porno-Seiten, in einschlägigen Chatrooms oder mit sonstiger sexueller Cybermaterie verbringt. Die als gefährdet betrachteten Personen erreichten außerdem eine hohe Punkteanzahl beim Ausfüllen eines Fragebogens über Beziehungen und ihrer Einstellung zu Sex. Das Forschungsteam fand heraus, dass Cybersex-Besessene häufiger Probleme mit Beziehungen und Jobs haben als User, die nur selten einschlägige Sites besuchen. Psychologen der Stanford und Duquesne Universities meinen, dass es sich hier um eine versteckte Gefahr für die öffentliche Gesundheit handele, auch deshalb, weil nur wenige das Problem erkennen und ernstnehmen. Al Cooper, Chef des San Jose Marital and Sexuality Centre, sagte: "Man muss sich um diese Leute wirklich Sorgen machen. Sie entwickeln nämlich Probleme, die durchaus ernst sein können." Cooper rief seine Kollegen zu mehr Forschung und Ausbildung auf. Eine Frage, der er nachgehen möchte ist, ob Cybersex-Zwänge mit größerer Neigung zu sexuellen Gewalttaten abseits des Internet verbunden sind. Frühere Studien hätten zwar untersucht, wieviele Menschen Porno-Seiten besuchen und wie lange sie diese frequentieren, die Zahl er Neurotiker wäre aber nie geschätzt worden, so Mark Wiederhold, Professor an der California School of Professional Psychology in San Diego. Sowohl Cooper als auch Wiederhold, der nicht in die Studie involviert war, äußersten Kritik an der Auswahl der befragten Personen. Im Frühling 1998 waren über 13.500 Besucher der MSNBC News-Seite gebeten worden, einen Fragebogen auszufüllen. Durch diese Selbstselektion ist es schwierig festzustellen, ob diese Personen die Gesamtheit der Internet-User repräsentieren. Die Forscher werteten nur 9.265 der Fragebögen aus, da manche nicht vollständig ausgefüllt waren oder von denselben Personen zu kommen schienen. Etwa ein Prozent der Befragten im Alter von 18 bis 90 Jahren passte in die Neurosen-Definition des Forschungsteams. Setzt man dieses Ergebnis in Relation mit den 20 Mio. Usern, die jeden Monat Sex-Seiten frequentieren, ergibt sich eine Zahl von 200.000 Cybersex-Abhängigen. (pte/ap)