Springfield - Nach dem republikanischen Parteitag hat der demokratische Herausforderer John Kerry am Freitag seinerseits die Führungsqualitäten von US-Präsident George W. Bush in Frage gestellt.

"Das hier ist euer Weckruf"

"Nachdem die Parteitage vorüber sind und nachdem der Präsident endlich seine Rede beendet hat, habe ich fünf Worte für Amerika", sagte er in seiner Antwort auf Bushs große Parteitagsrede, weniger als eine Stunde nach dem Auftritt seines Kontrahenten. "Das hier ist euer Weckruf." Bush und Vize- Präsident Dick Cheney hatten Kerry auf dem viertägigen Treffen für ungeeignet erklärt, die Sicherheit der USA zu gewährleisten.

Die Amtsinhaber hätten "ständig die falschen Entscheidungen in den Fragen der nationalen Sicherheit getroffen", sagte Kerry in der Nacht zum Freitag vor tausenden Anhängern in der Stadt Springfield im US-Bundesstaat Ohio.

"Wir brauchen keine Unentschlossenheit und Verwirrung", sagte Kerry. "Wir brauchen nicht jemanden, der nicht weiß, was er will."

"Die Nation durch Irreführung in einen Krieg zu bringen, macht Sie ungeeignet, diese Nation zu führen", sagte Kerry über Bush.

"45 Millionen Amerikaner ohne Gesundheitsvorsorge zu lassen, macht Sie ungeeignet, diese Nation zu führen." Auch dass während Bushs erster Amtszeit die Zahl der Arbeitslosen in den USA um eine Million angestiegen sei, mache Bush ungeeignet, weitere vier Jahre die USA zu führen.

Kerry warf seinen Kontrahenten vor, sich vor dem Vietnam-Krieg gedrückt zu haben. Die USA würden in Frage gestellt von "denen, die sich weigerten, zu dienen, als sie es konnten und die Nation im Irak getäuscht haben", sagte der demokratische Präsidentschaftskandidat.

Sowohl Bush als auch Cheney haben im Gegensatz zu Kerry nicht im Vietnam-Krieg gekämpft. Alle hätten die "Verdrehung der Tatsachen" auf dem Republikaner-Parteitag gesehen. Die Republikaner hätten Kerrys "Patriotismus" und seiner "Qualitäten als Oberster Befehlshaber" angegriffen.

Bush schuf als erster Präsident seit 70 Jahren keine Arbeit

US-Präsident George W. Bush ist nach Auffassung seines demokratischen Herausforderers John Kerry der erste US-Staatschef seit 1932, der unter dem Strich keine Arbeitsplätze geschaffen hat. Bush könne sich jetzt sicher sein, der erste Präsident seit der Weltwirtschaftskrise Ende der 20er Jahre zu sein, "der sich um eine zweite Amtszeit bewirbt, ohne den geringsten Arbeitsplatz geschaffen zu haben", schrieb Kerry in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung.

Nach einer Rechnung des demokratischen Wahlkampfteams wurden seit Bushs Amtsantritt im Jänner 2001 rund 1,6 Millionen Arbeitsplätze abgebaut. Alle Präsidenten seit Herbert Hoover, angefangen mit Franklin Roosevelt, hatten demnach zur Schaffung von Stellen beigetragen.

"Wenn Sie glauben, dass verlorene Arbeitsplätze bedeuten, dass Amerika in die richtige Richtung geht, dann müssen Sie George Bush und seine Politik des Scheiterns unterstützen", fügte Kerry ironisch hinzu. Er versprach, im Falle seiner Wahl im November die Konjunktur in Schwung zu bringen und einen Wirtschaftsplan umzusetzen, der Arbeitsplätze schaffe.

Kerry reagierte mit seiner Erklärung auf neue Arbeitsmarktzahlen der US-Regierung. Demnach wurden im August 144.000 Arbeitsplätze geschaffen, fast doppelt so viele wie im Vormonat. Die Arbeitslosenquote, die im Vormonat bei 5,5 Prozent gelegen hatte, in den USA sank laut US-Arbeitsministerium auf 5,4 Prozent, den niedrigsten Wert seit 2001. Die Märkte werteten die zahlen offenbar als Zeichen der wirtschaftlichen Gesundung: Nach der Ankündigung sanken die Preise an den Anleihemärkten stark ab. (APA)