"Nur keine höheren Strafen, sie sind hoch genug", meint Staatsanwalt Walter Geyer, einer der profiliertesten Ankläger im Grauen Haus. Medial angeheizte Diskussionen über Ungleichgewichte in der Beurteilung von Straftaten hält er für kontraproduktiv: Dabei kämen immer nur Strafverschärfungen heraus.

Geyer lebt mit dem gültigen Strafgesetzbuch ganz gut. Es gebe den Juristen genügend Spielraum. Dass Delikte wie "schwerer Raub" (fünf bis 15 Jahre Haft) oft zu hart sanktioniert werden, führt er auf einen Trugschluss in der Urteilspraxis zurück: Viele Richter glaubten, Rückfalltäter von Mal zu Mal strenger bestrafen zu müssen. Diversion und Betreuung entlassener Häftlinge seien da nach wie vor kaum genützte strafjuristische Hoffnungsgebiete.

Die "fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen", hervorgerufen etwa durch Alkolenker, werde mit ein bis drei Jahren Haft streng genug geahndet, meint Geyer. Man dürfe die Schuld nicht linear von der Größe des Schadens ableiten. Der Fahrer, der alkoholisiert einen Fußgänger tötet, hat das gleiche (geringe) kriminelle Potenzial wie täglich Hunderte Gleichgesinnte, die in Rauschfahrten höchstens den Randstein streifen.

Absurd erscheint dem Staatsanwalt hier nur die Trennung von Verwaltungs-und Justizstrafen: Wird ein betrunkener Lenker von der Polizei erwischt, wird er empfindlich zur Kassa gebeten und verliert rasch den Führerschein. Rammt er aber einen Fußgänger, so ist das Gericht zuständig. Da fällt die Strafe viel geringer aus. (DER STANDARD, Printausgabe 07.09.2004)