Wien - 950.000 Euro für 2865 Tage unberechtigter Haft: Im Fall von Peter Heidegger, der im Vorjahr im Prozess um den "Salzburger Taximord" freigesprochen wurde, reagierte der Staat relativ schnell. Ein knappes Jahr nach der Urteilsverkündung einigten sich der Mann und die Republik über die Entschädigung. Eine Ausnahme, kritisiert die "Charta 97", ein Verein, der sich um Justizopfer kümmert. In der Regel würde es mehrere Jahre bis Jahrzehnte dauern, bis die Unschuldigen ihren Schaden ersetzt bekommen.

Derzeit beschäftige man sich mit 50 bis 60 Fällen, in denen die Finanzprokuratur die Auszahlung verzögere, zum Teil mit haarsträubenden Argumenten, betonte Vereinsobmann Peter Römer am Montag bei einer Pressekonferenz.

Zwei Beispiele führte er an: Den Fall eines Wiener Kaufmanns, der 1982 wegen Betrugsverdachts festgenommen wurde und zwei Monate in U-Haft verbracht hatte. 1997 wurde er endgültig von allen Vorwürfen freigesprochen, da war er nach eigenen Angaben aber schon finanziell ruiniert. Entschädigung hat er auch 22 Jahre nach der Verhaftung noch nicht erhalten.

Auch das Schicksal eines Oberösterreichers, der im Zusammenhang mit dem "Fall Foco" zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, empört die Charta 97. Der Mann wurde 1996 bei einem neuen Prozess freigesprochen, acht Jahre später streitet er immer noch mit der Republik um einen Teil seines Geldes für fast fünf Jahre im Gefängnis. Im Oktober steht die nächste Verhandlung um Entschädigung an.

Bei der Finanzprokuratur weist man den Vorwurf, Auszahlungen bewusst zu verzögern, zurück. "In den beiden genannten Fällen lag und liegt das Problem darin, dass der Schaden nicht exakt nachzuweisen ist. Gerade bei einem behaupteten Unternehmensverlust ist die Frage der Bemessung schwierig", betont Leopold Ulrich, Leiter der zuständigen Abteilung.

Dass seine Behörde im Fall des Oberösterreichers vor Gericht argumentiert hat, der Betroffene hätte sich durch seine Haft monatlich umgerechnet 40.000 Schilling für Unterkunft und Verpflegung erspart, gesteht Ulrich ein. "Dieses Argument der Haushaltsersparnis gibt es auch bei Versicherungsfällen nach Verkehrsunfällen. Wir haben es aber ohnehin nicht weiter verfolgt", betont der Beamte.

70 Fälle im Jahr 2002

Von 50 bis 60 schwebenden Verfahren weiß Ulrich jedoch nichts. Ihm seien nur die beiden genannten Fälle bekannt. Die jüngsten Zahlen zu Haftentschädigungen stammen aus dem Jahr 2002. Damals wurden 70 Menschen insgesamt 285.585 Euro zugesprochen, hieß es in der Anfragebeantwortung durch den damaligen Justizminister Dieter Böhmdorfer.

Am Montag verwies man im Justizressort in dieser Frage auf den Entwurf zum "strafrechtlichen Entschädigungsgesetz", das demnächst dem Ministerrat vorgelegt werden soll. Darin sei auch die von der Charta 97 geforderte Abgeltung des immateriellen Schadens geregelt. (Michael Möseneder/DER STANDARD, Printausgabe, 7.9.2004)