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Keine Angst, sie werden einander schon wieder in die Arme sinken, auch wenn sie in den letzten Tagen noch so eifrig bemüht waren, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen.

So waren Grasser und Strasser von einander plötzlich "sehr unangenehm überrascht", obwohl sie doch schon viel zu lange in derselben Regierung sitzen, also genug Zeit hatten, einander ein wenig zu beschnuppern.

Der Innenminister meint, wenn er auf mehr als zweitausend Gendarmen und Polizisten verzichten müsste, wie der Finanzminister das in seinem Doppelbudget vorsieht, sei nur noch sicher, dass es mit der Sicherheit in Österreich zur Neige gehe.

Der Finanzminister wiederum – ausgerechnet er – sagt zu diesem Outing, "er schätze einen Stil nicht, der einen falschen Eindruck in der Öffentlichkeit vermittelt".

In Stilfragen kennt er sich aus, da macht ihm keiner was vor. Er ist allerdings nicht der einzige. Exekutivgewerkschafter haben dieses Theater schon vor zwei Wochen als unwürdiges Zusammenspiel zulasten der Beamten und der Bürger verteufelt.

Na, na – schon bald werden sie zur Kenntnis nehmen dürfen, wie die beiden einander versichern, um Sicherheit und Budget sei es noch nie so gut bestellt gewesen wie jetzt.

Was Grasser und Strasser im Duett veranstalten, bringt Jörg Haider mühelos im Kampf mit sich selbst zustande. Am 28. August versprach er im STANDARD: 45 Jahre ohne Abschläge für Schwerarbeiter – "da fährt der Zug drüber, das muss der ÖVP klar sein".

Als sich die ÖVP zierte, musste Haider trachten, um nicht total unter die Räder zu geraten, möglichst unauffällig von dem Zug zu springen, mit dem er die ÖVP eben noch überfahren wollte. Das ist für ihn längst reine Routine: zunächst einmal dezent bremsen und sofort laut von etwas anderem reden.

Also redete er Montag auf einmal nur noch davon, Schwerarbeitern den Pensionsantritt "weitestgehend ohne Abschläge" zu ermöglichen, und ließ die Eisenbahn nicht mehr direkt über die ÖVP donnern, sondern leitete den Zug über den Hauptverband der Sozialversicherungen um, wo es bei der Einführung der Chipkarte zu "massiver Geldvernichtung" gekommen sei.

Dass der Landeshauptmann von Kärnten eigens nach Wien reist, um einen diesbezüglichen Rohbericht des Rechnungshofes zu publizieren, wirkte nur leider etwas zu bemüht, als dass er verschleiern konnte, wovon er damit ablenken wollte.

Aus mehreren Gründen. Leider hat Haider versäumt, der Öffentlichkeit gleichzeitig zu erklären, wie so etwas möglich sein kann, wo doch mit der schwarz-blauen Umfärbung des Hauptverbandes derlei Skandale ein für alle Mal der roten Vergangenheit angehören sollten.

Die ÖVP an einer andere Stelle unter Druck zu setzen, nur weil sie ihm bei den Pensionen einen Dämpfer verpasste, wird leistungsbewusste Hackler kaum von Jörg begeistern.

Zuständig für die Publizierung des Rohberichtes wäre – wenn überhaupt jemand –, der Sozialminister gewesen, der die Prüfung in Auftrag gegeben hat. Vielleicht schon mit dem Hintergedanken, ihn dem Boss für einen Auftritt bei passender Gelegenheit zuzuschieben?

Dabei hat der im STANDARD versprochen, auf eine Rückkehr in die Bundespolitik habe er "keine Ambitionen. Ich habe so viele Jahre der Bundespolitik geopfert, und dann ist mein Lebenswerk innerhalb von wenigen Stunden zerstört worden." Wer es nicht lassen kann, sich zu opfern, muss auch keine Versprechen halten.

Das tut er schließlich in Kärnten auch nicht. Im Musterland freiheitlicher Politik geht es zu, als würde dort jene "sozialistische Schuldenmacherei" mit Volldampf fortgesetzt, die Haider bis heute gar nicht laut genug anprangern kann. Nur dass weit weniger dabei herausschaut. Außer man schwärmt für Events. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.9.2004)