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Atomkraftwerke um Österreich

Grafik: APA/ M. Hirsch

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Europakarte mit AKW-Standorten

Foto: APA/ M. Schmitt
Fast zwei Jahre lang haben die EU-Atommächte strenge Auflagen für Nuklearkraftwerke blockiert. Nun hat die EU-Kommission ein neues Atompaket vorgelegt. Es sieht viel weniger scharfe Regelungen vor.
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EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio will allen Atomkraftwerksgegnern keinerlei Illusionen machen: "Es gibt keine Alternative zur Kernenergie. Wir müssen uns die Option Atomstrom zumindest für die nächsten 50 Jahre offen halten." Denn trotz aller Diskussionen über Atomausstieg sehe die Realität anders aus: "Die Produktion von Kernenergie nimmt in der EU jedes Jahr zu."

Endlagerung für Atommüll

Gerade weil Atomkraftwerke noch für Jahrzehnte Bestandteil der europäischen Energiepolitik sein werden, hält Palacio gemeinsame Sicherheitsstandards für wichtig. Über die Auflagen für Atomkraftwerke und Richt- linien für die Endlagerung für Atommüll wird EU-intern unter dem Projektnamen "Atompaket" seit fast zwei Jahren diskutiert - ohne Ergebnis. Mittwoch hat Palacio nun in der EU-Kommission ein Nuklearpaket vorgelegt.

Dieses Paket ist eine Enttäuschung für Österreich und die anderen EU-Staaten, die auf strenge Sicherheitsstandards gedrängt hatten: Sind die Vorschriften doch gegenüber dem zwei Jahre alten "Atompaket" erheblich aufgeweicht.

Zeitplan für Müll fehlt

So war im alten Entwurf vorgesehen, dass die nationalen Atomsicherheitsbehörden von der EU kontrolliert werden - durch unabhängige Inspektoren. Zudem war geplant, die Atomstaaten zu Zeitplänen zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen zu verpflichten. Im neuen, Mittwoch vorgestellten Entwurf sind die Bestimmungen viel unverbindlicher: Zuständig für die Sicherheit sollen nur die Nationalstaaten sein.

Und Atomstaaten sollen zwar Pläne zur Atommülllagerung erstellen - allerdings ohne an einen Zeitplan gebunden zu sein. Palacio zeigte sich mit dem Paket selbst nicht zufrieden: "Ich hätte lieber ein Gesetz gehabt, das einen Zeitplan von einem Jahr für die Lagerungspläne vorschreibt. Aber das geht leider nicht."

Großbritannien, Finnland und Schweden blockierten

Denn das alte, strengere Atompaket wurde von den "Atommächten" Großbritannien, Finnland, Schweden und einigen neuen Mitgliedern blockiert. Daher hat sich Palacio zu weicheren Regeln entschlossen: "Dieses Paket ist weniger streng, hat aber mehr Aussichten, angenommen zu werden." Über die Annahme entscheiden die Mitgliedsstaaten - ihre Umweltminister verhandeln das neue Paket.

Immerhin, einen großen Fortschritt schreibt sich Palacio zugute: Das Atompaket gilt für alle Mitglieder. Bisher gab es strengere Auflagen für die zehn neuen EU-Mitglieder. Und bei den alten Mitgliedern blieb der EU-Kommission nur der Klagsweg: So hat Palacio kürzlich wegen der britischen Atomanlage Sellafield den Europäischen Gerichtshof angerufen, weil ihr Großbritannien seit vier Jahren Informationen über die radioaktiven Abfälle verweigert. (Eva Linsinger aus Brüssel, DER STANDARD Printausgabe 9.9.2004)