Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: EPA/Franck Robichon
Europas größter Autokonzern Volkswagen galt bisher als Vorzeigeunternehmen, in dem mit kreativen Arbeitszeitmodellen wie der Vier-‑ Tage-Woche Entlassungen verhindert werden konnten. Personalvorstand Peter Hartz hatte sich so den Ruf eines Reformers erarbeitet und war deshalb auch von der deutschen Bundes^regierung mit der Konzeption einer Arbeitsmarktreform beauftragt worden, die seinen Namen trägt und insbesondere in Ostdeutschland für heftige Proteste sorgt.

Nun drohen auch Proteste im eigenen Konzern. Nach der in einem Zeitungsinterview von Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch ausgesprochenen Drohung, mehr als 30.000 Arbeits^plätze seien gefährdet, wenn die Gewerk-‑ schaft in den anstehenden Tarifverhandlungen nicht zu Nullrunden und weiteren Zugeständnissen bereit ist, reagierten die Arbeitnehmervertreter.

Spielen mit dem Schicksal

IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine warf Pötsch am Donnerstag eine Verschärfung der Tarif-Auseinandersetzung vor, noch bevor überhaupt Verhandlungen begonnen hätten. Pötsch spiele mit dem Schicksal von über 30.000 Menschen. "Wenn es sein muss, sind wir aber allemal gewerkschaftlich in der Lage, unsere Forderungen durchzusetzen", betonte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, die für die 103.000 Beschäftigten in den westdeutschen VW-Betrieben vierprozentige Einkommensverbesserungen durchsetzen will.

Die VW-Führung strebt dagegen drastische Einsparungen und weit reichende Tarifzugeständnisse der Belegschaft an. Wegen der schwachen Autokonjunktur und eines Gewinnrückgangs im ersten Halbjahr hat VW unlängst seine Gewinnprognose für 2004 drastisch reduziert. Der Konzern will die Personalkosten binnen sechs Jahren um zwei Milliarden Euro senken. Für zwei Jahre sollen die Beschäftigten Nullrunden in Kauf nehmen.

Die Drohungen mit dem Arbeitsplatzabbau haben auch den VW-Großaktionär Niedersachsen aufgeschreckt. Eine Sprecherin der Staatskanzlei äußerte am Donnerstag die Hoffnung, dass alle Arbeitsplätze von VW in Deutschland erhalten bleiben. "Wir hoffen natürlich, dass alle Stellen in Deutschland erhalten bleiben, aber wir mischen uns in laufende Tarifverhandlungen nicht ein." Das Land Niedersachsen ist mit 18 Prozent größter Einzelaktionär von Volkswagen.(Alexandra Föderl-Schmid aus Berlin, Der Standard, Printausgabe, 10.09.2004)