Genf/Wien - Ein Schiedsgericht der Welthandelsorganisation WTO hat der Klage einer Reihe von Ländern unter der Führung Brasiliens in zwei Fragen Recht gegeben: Die US-Förderungen für Baumwollfarmer im Ausmaß von rund drei Mrd. Dollar jährlich seien gegen die WTO-Bestimmungen. Auch das EU-Exportfördersystem und die Ausgleichszahlungen an die Zucker verarbeitende Industrie in der EU wegen künstlich hoher Preise wurde als nicht konform bezeichnet.

Während Brüssel bereits ankündigte, gegen den Spruch Berufung einzulegen, ist der Baumwoll-Entscheid bereits eine Bestätigung eines im Frühjahr getätigten WTO-Urteils.

Damit stehen sowohl die drei Millionen Tonnen Zucker auf dem Prüfstand, die die EU jährlich aufgrund von Überschüssen exportiert; ebenso wie die 1,3 Millionen Tonnen Zuckerrohr, die im Rahmen von Präferenzabkommen mit Entwicklungsländern in die EU importiert werden. Während dies von der EU häufig als Beitrag zur Entwicklungshilfe bezeichnet wurde, moniert die WTO, dass diese Importe wegen Überangebots am europäischen Markt wieder zurück in den Weltmarkt fließen würden. Ein weiterer Dorn im Auge der WTO: Die 819 Mio. Euro umfassende Zahlung an die verarbeitende Zuckerindustrie (vor allem: Südzucker und Tate & Lyle), mit der Zuckerankäufe auf den Weltmarktpreis herabgestützt werden.

Damit werden die bereits laufenden Zuckermarktreformen, bei der die Produktion bis 2008 um drei Millionen Tonnen auf 14,6 Mio. Tonnen gesenkt werden soll, nicht ausreichen. Agrana-Generaldirektor Johann Marihart schätzt, dass ein Zuckerrübenanbau nur mehr in Gunstlagen möglich sein werde, "und da haben wir nicht die schlechteste Position", auch nicht als Konzern, wo man etwa in Fruchtzubereitung diversifiziert habe. Auch sieht er die Zuckermarktprobleme der EU durch die Forcierung von Pflanzenkraftstoffen gemildert: "Wenn die Rahmenbedingungen (die Verordnung für die Beimischung von Bioethanol in Kraftstoffe, Anm.) stimmen, werden wir eine auf Getreide und Rüben basierende Anlage zur Biospriterzeugung bauen", erklärt er. Eine EU-Verordnung sieht eine Beimischung 2005 vor. (ruz, Der Standard, Printausgabe, 10.09.2004)