Landwirtschaftsminister Josef Pröll weist den Weg, zeigt die Reben, die schon reife Trauben tragen (in den meisten Rieden hat die Lese noch nicht begonnen) und instruiert, dass man mit der Rechten die Schere führt und es dann vorkommen kann, dass ein Schnitt in die Linke passiert. Bitte aufpassen! Und bitte recht freundlich! Die Minister folgen Pröll und dem Kanzler, schneiden quasi um die Wette die Trauben des Grünen Veltliners. Es ist sichtlich eine Veranstaltung, die gute Stimmung vermitteln soll und bei der die Inhalte sparsam und ausschließlich auf Zuruf des Kanzlers vermittelt werden. Natürlich könnte man Sicherheit zum Thema machen - aber das sei auf der Agenda nicht erwünscht gewesen, heißt es aus den "Sicherheitsministerien" Verteidigung und Inneres. Beide hätten einen reichen Erntedank zu feiern, denn beide haben sich in den Budgetverhandlungen mit ihren Wünschen weitgehend durchgesetzt. Das heißt, dass Günther Platter seine Heeresreform vorantreiben und die Verkaufserlöse seiner nicht mehr benötigten Kasernen zu 100 Prozent in seinem Ressorthaushalt verbuchen kann. Aber das ist ebenso wenig Thema wie die Polizei-dienstposten für Innenminister Ernst Strasser, der beinahe entrüstet von sich weist, einen "Sieg" über Finanzminister Karl-Heinz Grasser errungen zu haben: "Wir haben ein gutes Budget, das ist ein Sieg für die Österreicher." Und auch Strasser weicht bescheiden hinter die Darstellung von Schüssels Führungskraft zurück: "Es ist der Wille des Bundeskanzlers und der Bundesregierung, dass wir Sicherheit für die Österreicher wollen."
Und weiter geht's zur Ernte. Mit drinnen: Der Dienstleistungsscheck, ein seit fast zehn Jahren gewälztes Projekt, das "Home Services" aus der (steuerlichen) Illegalität lösen soll. Bisher in der Regel "schwarz" beschäftigte Putzfrauen sollen künftig einen Scheck bekommen, der ihnen mit ihrem Einkommen auch Leistungen der Sozialversicherung sichert.
Geist und Gemeinschaft
Das ist Wirtschaftsförderung im Kleinen - und das passt gut zum Erntethema der Klausur. Noch besser: Finanz-und Wirtschaftsminister haben ausgemacht, dass die Konjunktur wieder anspringt, das ist eine weitere Gelegenheit, einen Erntedank zu feiern. Die Regierung feiert ohnehin gerne - und fröhlich wird im Weinberg weiter geerntet, Staatssekretärin und FP-Chefin Ursula Haubner zeichnet sich durch besonderen Fleiß aus, hat schon einen Kübel mit Trauben voll, während Schüssel noch plaudert. Als ob es in der Koalition nie Dissens gegeben hätte, gibt sie Schüssel von ihrer Ernte ab. Gemeinschaftsgeist im Kleinen.