Reich gegen Arm, Zahler gegen Empfänger, West gegen Ost, Alt gegen Neu: Der Streit um das Steuerdumping in der EU bietet markante Frontlinien, an denen sich Populisten wie Nicolas Sarkozy prächtig profilieren können.

Der französische Finanzminister hat sich zum Anwalt der Nettozahler erklärt und will die Erweiterungsländer vor die Alternative stellen: Entweder sie heben ihre Steuern auf das Durchschnittsniveau an - oder sie können nicht mehr mit EU-Förderungen rechnen. Denn Dumpingsteuersätze, die Firmen und Jobs nach Osten wandern lassen, dürften nicht von der EU subventioniert werden.

Diese Forderung passt zu Sarkozy: sie polarisiert, ist überzogen und wettbewerbsfeindlich. Einen wahren Kern hat sie dennoch, wie das Beispiel Deutschland zeigt: Berlin kämpft gegen Wirtschaftsflaute, Arbeitslosigkeit und Abwanderung von Unternehmen zu Nachbarn mit Niedrigsteuern.

Gleichzeitig unterstützt Nettozahler Deutschland diese Nachbarn mit seinen Zahlungen in die EU-Strukturfördertöpfe. Jetzt sind diese Töpfe zwar für den Ausgleich zwischen reichen und armen Regionen gedacht - wenn Erweiterungsstaaten mit null besteuern, kann der Steuerwettbewerb aber absurde Ausmaße annehmen.

Der Zwang zu höheren Steuern ist nicht der Ausweg aus dem Dilemma. Sind doch niedrige Steuern ein Weg, die Wirtschaft anzukurbeln. Allenfalls über geringe Mindeststeuersätze kann man diskutieren - wichtiger ist aber eine Reform der Strukturförderung. Sie ist zu unflexibel: Irland wurde noch subventioniert, als es andere Staaten überflügelt hatte.

Auch das Burgenland bleibt bis 2006 Ziel-1-Förderzone - obwohl es die Grenze dafür seit 2001 überschritt. Auf solch veränderte Strukturen müsste die EU rascher reagieren und die Förderung anpassen. Das würde auch den Neid der Nettozahler in Grenzen halten. (DER STANDARD Printausgabe, 13.09.2004)