Eine Gratiszeitung für Wien kommt "todsicher", erklärte "Krone"-Chef Hans Dichand erst kürzlich. In Zürich gibt es bereits drei Exemplare dieser neuen Mediengattung. Zürich ist derzeit das Laboratorium für den Gratiszeitungsmarkt in Europa, und es geht dabei heiß her. "Das ist ein harter Verdrängungswettbewerb, nackter ökonomischer Wahnsinn", meinte Kurt W. Zimmermann, Manager der TA-Media AG, Donnerstagabend bei einer Veranstaltung des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ). Die TA-Media-Gruppe (Konzernumsatz sechs Milliarden Schilling) gibt unter anderem die Qualitätszeitung "Tages-Anzeiger" heraus. Um gegen die neue Konkurrenz bestehen zu können, ist man mit dem "Zürich Express" auch auch im Gratis-Segment aktiv. "Wir sind der dominierende Player im Markt Zürich, und wir werden diesen Markt auch sehr kostenintensiv verteidigen", so Zimmermann. Die Konkurrenz kommt aus Skandinavien: Der norwegische Medienkonzern Schibsted (Umsatz 10,5 Mrd. S) bringt seit Dezember "20 Minuten Zürich" auf den Markt. Die schwedische Modern Times Groupe hält mit "Metropol" dagegen. "20 Minuten"-Manager Sacha Wigdorovits spricht denn auch von einem "Stellvertreterkrieg" in Zürich. "Schibsted und Modern Times wollen mit ihren Gratiszeitungsaktivitäten an die Börse. Deshalb wird in den nächsten beiden Jahren auch keiner aus dem Match aussteigen, das kann sehr lang gehen", so Wigdorovits. "20 Minuten" wird in Österreich vom Vorarlberger Medienhaus von Eugen A. Ruß gedruckt. "Simple but serious ist unser Credo", erklärte Wigdorovits zum Konzept. Gratis, kleines Format, modernes Design, politisch neutrale News, Service und Verteilung über das Verkehrsnetz - so lässt sich die Philosophie des Blattes zusammenfassen. 180 Kolporteure sowie 1.300 Selbstbedienungsboxen rund um Straßenbahnen, Busse und sonstige Verkehrsknotenpunkte sorgen für den entsprechenden Umlauf. Daneben gibt es "20 Minuten" bei McDonald's, in Migros-Supermärkten und Parkhäusern. Die Auflage beträgt derzeit 125.000 Exemplare. Rund eine halbe Million Menschen greifen im Großraum Zürich inzwischen zu einer der drei Gratiszeitungen. Daneben gibt es zwei Qualitätsblätter, einen Boulevard-Titel und sechs regionale Tageszeitungen. Zimmermann glaubt, dass der Markt für drei Gratisblätter zu klein ist. Wigdorovits: "Wir erschließen neue Leserkreise." Und: "Wir mischen den Anzeigenmarkt neu auf. Die traditionellen Zeitungen müssen reagieren, sonst sind sie in zehn Jahren Geschichte." Wesentlicher als die Größe des Lesermarktes ist für die Gratiszeitungen der Werbemarkt. "Die Kaufzeitungen müssen für ihre Leser einen Return on Investment bieten", rät Zimmermann, der beide Segmente kennt, den klassischen Verlegern. Mehr Hintergründe und Analysen sind gefragt, und eine gute Hauszustellung stärke die Leserbindung. Vor einer "Kulturdebatte" warnt der TA-Media-Manager. "Dass hier Eindringlinge in einen neuen Markt gehen, ist Quatsch." Von Klagen gegen Gratiszeitungen hält er ebenfalls nichts. "Letztlich entscheidet doch der Leser, was er will", meinte Zimmermann. Ob Schibsted auch ein Auge auf Österreich geworfen hat, weiß Wigdorovits übrigens nicht. "Ich habe keine Ahnung, wann Schibsted nach Wien kommt. Ich bin 24 Stunden in Zürich im Einsatz und habe auch keinen Sitz in der Europa-Holding." Der Chef des Grafikdienstes Auer, Hans Auer, hat unter dem Titel "WuZ" bereits ein Konzept für eine Wiener Gratiszeitung entwickelt. "Wir starten im Oktober", sagte Auer bei der VÖZ-Diskussion der APA. Unklarheit herrscht über die Investoren für das "WuZ"-Projekt. Magna-Chef Frank Stronach, mit dem es Kontakt gab, hat abgesagt. Interesse wird Peter Lengauer nachgesagt. Lengauer hatte erst im Vorjahr seine 50 Prozent an der Firma korrekt/Linzer Rundschau an die OÖ. Rundschau verkauft. Mit der "Krone"-"Kurier"-Vertriebstochter Mediaprint hat Auer auch gesprochen. Was man ihm dort sagt? Auer: "An dem Tag, an dem wir auf den Markt kommen, kommt auch die Mediaprint mit einer Gratiszeitung auf den Markt." "Krone"-Chef Dichand bestätigte erst kürzlich Pläne für den Start einer Gratiszeitung. Einen Dummy mit dem Titel "U-Bahn-Express" soll es bereits geben. (APA)