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Grafik: APA
Wien - Die österreichische Textilindustrie konnte im ersten Halbjahr 2004 den Umsatzeinbruch des vergangenen Jahres wegstecken und eine Steigerung von 2,4 Prozent auf 1,50 Mrd. Euro erwirtschaften. Die Exporte stagnierten nahezu und erreichten 1,04 Mrd. Euro. Die Zahlen beruhen auf einer Befragung unter den Unternehmen und wurden hochgerechnet. Gleichzeitig sank die Mitarbeiterzahl um beachtliche 5,8 Prozent auf rund 16.800 Beschäftigte. Vor 13 Jahren waren doppelt so viele Personen in der Branche tätig. Der Fachverband Textilindustrie hat rund 240 Mitglieder.

Verstärkte Expansion durch Palmers-Verkauf erwartet

Dass der für heute erwartete Verkauf der Traditionsmarke Palmers an zwei Investmentfonds den Textilstandort Österreich schwächen könnte, glaubt der Fachverband nicht, vielmehr sei mit verstärkter Expansion zu rechnen. Insgesamt sind die Investitionen der Textilindustrie in den vergangen sechs Jahren um 27 Mio. Euro auf 79 Mio. Euro zurück gegangen.

Umsatzmotor des abgelaufenen Halbjahres war der Bereich "Technische Textilien", so der Obmann des Fachverbandes Textilindustrie, Peter Pfneisl, am Montag vor Journalisten. Dieser Sektor legte demnach um 13,7 Prozent zu und erhöhte die Mitarbeiterzahl um 1,7 Prozent. Ganz anders das Bild in den Produktionsstufen Spinnerei- und Webereiindustrie, wo ein Umsatzminus von 7,6 bzw. 11 Prozent verkraftet werden musste. Strick- und Wirkwaren verzeichneten ein Umsatzminus von 1,6 Prozent, Veredler ein Minus von 12 Prozent. Band- und Flechtwaren hingegen legten um 5,4 Prozent zu.

Haupthandelspartner EU

Rund 61 Prozent der heimischen Exporte gingen in die EU, 21 Prozent nach Osteuropa. Auch bei den Importen war die (alte) EU mit 57,9 Prozent der dominierende Partner. Aus Osteuropa kamen 14,1 Prozent, aus Asien 14,8 Prozent.

Besondere Sorge bereiten der Textilindustrie die Importe aus China. Ende 2004 sollen auf Grund eines WTO-Abkommens die verbliebenen Importbeschränkungen fallen, wodurch es zu einem "massiven Importdruck" kommen werde, fürchtet Pfneisl. Gleichzeitig gab er sich aber zuversichtlich, dass die heimische Industrie konkurrenzfähig sein werde. Er nannte als Beispiel für die Gegenstrategie der Textilindustrie die bevorstehende Eröffnung eines Büros in Shanghai, das gemeinsam mit dem Deutschen und Schweizer Fachverband betrieben und für neue Absatzmärkte und politisches Lobbying sorgen soll.

Forderungen an die Regierung

Allerdings sei auch die österreichische Regierung gefordert, Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen vorzunehmen. Er nannte dabei die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung (über die Jahre im stärkeren Ausmaß fallende Abschreibung) und eine Arbeitszeitflexibilisierung. Eine generelle Verlängerung der Arbeitszeit sei nicht erforderlich, allerdings müsse es möglich sein, an einzelnen Tagen bis zu 12 Stunden zu arbeiten, über das Gesamtjahr soll aber eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden beibehalten werden. Äußerst unzufrieden gab er sich mit der Höhe der Lohnnebenkosten, hier habe Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) "immer viel versprochen", aber bis heute sei nichts passiert. Gleichzeitig gab es Lob für die Beschäftigten, deren Produktivität sei in den vergangen Jahren "enorm gestiegen".

Die Gefahr einer verstärkten Abwanderung heimischer Betriebe in die neuen EU-Staaten fürchtet Pfneisl nicht mehr. "Der Zug der Verlagerung ist im wesentlichen abgeschlossen, so der Obmann. (APA)