"Das sind furchtbare Stunden für uns", gesteht Luciano Pari. Seit der Anwalt aus Rimini vom Krisenstab aus Rom erfahren hat, dass die Terrorgruppe "Islamischer Djihad" mit der Ermordung seiner Tochter Simona droht, falls Italien seine Truppen nicht aus dem Irak abziehe, ist die Ungewissheit für ihn und seine Frau noch quälender geworden. Ein Gast spricht den beiden Trost zu: Mohamed Nour Dachan, Vorsitzender der islamischen Gemeinden Italiens. Die Entführung der beiden Frauen wertet Dachan als Verbrechen, das "jeden aufrechten Muslim mit Abscheu" erfülle. "Wir bangen mit Ihnen um das Schicksal Ihrer Tochter", versichert der gebürtige Ägypter den Paris.

Vor einer Woche wurden Simona Pari und Simona Torretta mit zwei irakischen Mitarbeitern aus dem Büro ihrer Hilfsorganisation in Bagdad entführt, seither geht eine Welle der Solidarität durch Italien. An vorderster Front stehen dabei erstmals islamische Organisationen. Abu Imad, Imam der Moschee in Mailand, richtete ebenso einen Appell an den TV-Sender Al Jazeera wie Hamid Shaari, Präsident des islamischen Kulturinstituts in Italien. Beide boten der Regierung an, sich in Bagdad für die Freilassung der 29-jährigen Italienerinnen einzusetzen, von denen es seit einer Woche kein Lebenszeichen gibt. "Die beiden haben sich auch in den harten Jahren des Embargos beispielhaft für irakische Kinder verwendet. Ihre Entführung ist ein gewöhnliches Verbrechen, ein unislamischer Akt", erregt sich Shaari.

Zehntausende italienischer Muslime haben in den letzten Tagen in zahlreichen Städten gegen den Terrorismus demonstriert. 150.000 Menschen beteiligten sich in Rom an einer Solidaritätskundgebung für die entführten Frauen - ganz vorne der Imam der römischen Moschee und der Oberrabbiner.

Kein Kontakt

Der italienischen Regierung ist es noch nicht gelungen, mit den Geiselnehmern Verbindung aufzunehmen. An der Echtheit der bisherigen Bekennerschreiben und Ultimaten gibt es große Zweifel. Außenminister Franco Frattini versuchte am Montag in Kuwait, Abu Dhabi und Qatar einen Draht zur unbekannten Terrorgruppe herzustellen.

Frattini lehnt Abzug ab

Frattini hat am Montag das Ultimatum der Entführer zurückgewiesen und einen vorzeitigen Abzug der italienischen Soldaten aus dem Irak ausgeschlossen. "Wir verlassen den Irak, sobald die Iraker in der Lage sind, für Sicherheit und Demokratie zu sorgen", sagte er zum Auftakt seiner Reise durch die Golfregion am Montag in Kuwait. Italien habe seine Soldaten "einzig auf Bitten der Iraker selbst" in das Land geschickt. "Wir sind dort, um Krankenhäuser, Schulen und die Wasserversorgung wiederaufzubauen." (DER STANDARD, Printausgabe, 14.9.2004)