Die bisher erschienenen 20 James-Bond-Filme (im Bild Pierce Brosnan) gehören zum wertvollen "Familiensilber" von MGM.

Foto: United Artists
In der Nacht auf Dienstag ging ein Stück US-amerikanischer Filmgeschichte zu Ende: Mit Metro-Goldwyn-Mayer, kurz MGM, wurde eines der letzten eigenständigen Filmstudios an den japanischen Elektronik- und Medienriesen Sony verkauft. Ein Konsortium übernimmt MGM für knapp drei Mrd. Dollar (2,45 Mrd. Euro) samt allen Verbindlichkeiten.

Damit kommt Sony der Vision seines Vorstandschefs Noboyuki Idei einen großen Schritt näher: der Kombination von technischen Geräten wie beispielsweise DVD-Player, Videorekorder und Musikanlagen mit dem entsprechenden Inhalt. Mit der Übernahme von MGM verdoppelt Sony seine Filmbibliothek auf nahezu 8000 Titel, darunter alle James-Bond-Filme und unzählige Klassiker wie "Der rosaroten Panther" (siehe Geschichte unten).

Internetbibliothek

Sony plant, seine Bibliothek mittelfristig über das Internet zugänglich zu machen - etwa mit "Video on demand": User können sich Filme herunterladen, der Preis richtet sich nach der Nutzung, die von einmal ansehen bis zu unlimitiertem Gebrauch reicht.

Marktforscher gehen davon aus, dass der Markt für Film-Downloads von 1,6 Millionen Dollar 2003 bis 2010 auf rund 500 Millionen Dollar wachsen wird - auch weil die Sicherungssysteme immer besser werden und Missbrauch wie die Weitergabe über Tauschbörsen bald unmöglich gemacht werden soll.

Sony zahlt zwölf Dollar in bar je Aktie, 0,45 Dollar mehr als der Schlusskurs des MGM-Papiers vom Montag. Die Käufer übernehmen auch die MGM-Schulden. Diese belaufen sich nach US-Medienberichten auf rund 1,9 Mrd. Dollar, sodass der Gesamtwert der Transaktion fast fünf Mrd. Dollar beträgt.

Übernahmeschlacht

Der Deal gilt als einer der größten in der internationalen Mediengeschichte. Die Sony-Gruppe hat sich in der Übernahmeschlacht gegen den weltgrößten Medienkonzern Time Warner durchgesetzt. Dieser hatte sich am Montag zurückgezogen, weil er mit einem deutlich niedrigeren Angebot nicht zum Zug gekommen war. Käufer von MGM sind nun neben der Sony Corporation of America auch die US-Investmentfirmen Providence Equity Partners Inc., Texas Pacific Group und DLJ Merchant Banking Partners.

Sony besitzt bereits die Filmstudios Columbia Pictures und TriStar Pictures. Zu MGM gehören unter anderem die MGM Pictures und das traditionsreiche Filmstudio United Artists. Damit wird Sony zu einem der Hollywood-Spitzenreiter. MGM bezeichnete die Transaktion als Fusion, die sie dem Verwaltungsrat am 27. September empfehlen wolle.

US-Milliardär bekommt 2 Mrd. Dollar

Metro-Goldwyn-Mayer wurde 1924 gegründet. Seit 1969 gehört das Unternehmen dem US-Milliardär Kirk Kerkorian, der das Filmstudio seit seinem Ersteinstieg 1969 dreimal gekauft und wieder abgestoßen hat. Bei der jetzigen Transaktion dürfte er rund zwei Mrd. Dollar einnehmen.

MGM hatte vor wenigen Monaten bereits eine Sonderdividende von acht Dollar je Aktie gezahlt, was Kerkorian rund 1,4 Mrd. Dollar eingebracht hatte. Kronjuwel von MGM ist die Filmbibliothek mit mehr als 4000 Titeln. Experten gehen davon aus, dass Sony den größten Teil der ohnehin stark zurückgefahrenen MGM-Filmproduktion fallen lassen wird. Wahrscheinlich werden dann nur noch neue James-Bond- und Pink-Panther-Filme gedreht.

Abkommen mit Comcast

Die Sony-Gruppe hat unterdessen auch mit dem größten amerikanischen Kabel-TV-Systembetreiber Comcast Corporation ein Programm- und Vertriebsabkommen erreicht. Es sieht den Vertrieb von Filmen und Programmen der Studiotochter Sony Pictures Entertainment und von MGM bei dem Video-on-demand-Dienst von Comcast vor. Zudem ist ein Joint Venture geplant, das neue Kabel-TV-Kanäle schaffen soll, auf denen Sony- und MGM-Titel angeboten werden sollen. Comcast hat 21 Millionen amerikanische Kabel-TV-Kunden und erwägt, sich beim MGM-Kauf zu beteiligen.

Sony selbst war in den vergangenen Jahren am Filmsektor deutlich erfolgreicher als MGM: Rund zehn Prozent des Konzernumsatzes werden bereits mit Filmen gemacht, "Spider-Man 2" allein brachte Einnahmen von bisher 740 Millionen Dollar. (mimo, Reuters, dpa, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.9.2004)