Die Krankenschwester Anita Sackl - hier bei einem Einsatz in Äthiopien 2003 - kümmert sich in Habila um die Nahrungsmittel-Verteilung und medizinische Versorgung.

Foto: Ärzte ohne Grenzen

Es war wieder einmal ein heißer Tag und nun regnet es etwas. Zumindest schläft es sich besser, wenn es kühler ist. Die Temperatur in der Regenzeit gleicht unseren heißesten Sommertagen: 35 Grad. In Karthoum hatten wir bis zu 40 und 45 Grad, am besten man schläft im Freien. Wir haben eine tolle Englischdolmentscherin, Aishea, die uns erzählte, dass die Situation vor genau einem Jahr hier in Habila begann: Im August 2003 bombardierte Karthum Habila und etwa 48 Menschen starben und außerdem 8 Soldaten. Mit dem Tag kamen die ersten Flüchtlinge nach Habila – der erste Strom. Die Gemeinde von Habila brachte diese in den Schulen unter und kaufte Dura (Korn) für die Menschen.

Die nächsten Flüchtlinge kamen im Oktober letzten Jahres, und auch diesesmal versorgte die Gemeinde die Menschen. Heute sieht man nicht mehr so viele einfache Shelters. Die meisten haben bereits ihre stabilen Tukuls (Strohhütten) gebaut und werden wahrscheinlich auch noch einige Zeit bleiben. Im Juli kamen einige wenige Menschen vom Tschad zurück. Im Juni letzten Jahres scheint es eine Masernepidemie hier gegeben zu haben – nach den Erzählungen zu schließen, und da war keine NGO präsent. Ärzte ohne Grenzen kam am 6. Juli nach Habila und impfte die ersten Kinder gegen Masern.

Situation nicht mehr ganz so extrem

Das "health assessment", also die Untersuchung der allgemeinen Gesundheitslage in Habila, läuft gut und die ersten Daten werden von uns eingetragen. Die Situation ist nicht mehr ganz so extrem. Wir haben sicherlich dazu beigetragen, dass die Menschen hier Zugang zu medizinischer Versorgung und Nahrung erhalten.

Vor einigen Tagen hatten wir eine Lebensmittelverteilungsaktion. Alle Kinder unter 5 Jahre erhielten 1 Liter Öl, 5 Kilo CSB und 1 Stück Seife für die nächsten 14 Tage. Wir nutzten den Tag, um einige einfache Daten zu sammeln. Beim Messen der Oberarme der Kinder gab es gar keine schlechten Resultate (Der Fachbegriff lautet MUAC measurements, Mid-Upper-Arm-Circumference): 0,3 Prozent SAM (severe malnutrition) und 3,8 Prozent GAM (general malnutrition). Genauere Daten wird uns das nutritional survey des health assessments mit Ende der Woche präsentieren. Jedenfalls hat unser therapeutisches Ernährungszentrum nur mehr an die 90 Kinder.

Kaiserschnitt unter allerschlimmsten Bedingungen

Am Donnerstag abend lieferte ein Auto eine junge Frau aus einem drei Stunden entfernt gelegenen Dorf bei uns im Spital in Habila ab. Dr. Mohamed glaubte zuerst an eine einfache Geburt. Die Frau wurde ihm auch nicht direkt übergeben. Die Fahrer fuhren einfach wieder heim. Dr. Mohamed stellte dann fest, dass bereits vor zwei Tagen die Fruchtblase geplatzt und das Kind verstorben war. Der Fahrer hätte die Frau in das Spital nach Al Geneina bringen sollen, das hätte sie aber wahrscheinlich nicht überlebt. Das Spital von uns in Habila ist nicht für Operationen ausgestattet. Was tun?

Mohamed hatte Kaiserschnitterfahrung und somit trugen wir alle Utensilien, die wir hatten, zusammen und führten um 22 Uhr abends eine Kaiserschnittentbindung durch, um den toten Körper zu entfernen. Insgesamt dauerte der Eingriff eine Stunde und 31 Minuten. Ich war die Anästhesie, Mohamed und Michael operierten und Beatrice, eine französische Krankenschwester, reichte die Instrumente zu. Wir schwitzten bildlich gesagt Wasser: Die Hitze, kein OP-Raum – wir operierten mitten im Zimmer mit anderen PatientInnen und nur mittels Leintücher abgeschirmt – eine fiebernde Patientin, Fliegen, kein Gürteltubus oder ähnliches, um die Atemwege freizuhalten. Wir konnten die Frau nur in Tiefschlaf versetzen. Aber alles ging gut und heute geht die junge Frau schon wieder einige Schritte.

Situation stabil

Ja, was macht nun Ärzte ohne Grenzen sonst in Habila? Wir haben hier ein Spital mit 21 Betten und ein therapeutisches Ernährungszentrum mit Tagesbetreuung. Die Situation ist zur Zeit stabil und man wird sehen, ob dies so bleibt. Wir werden das health assessent hier in den nächsten 3 Tagen abschließen und nach Al Geneina zurückkehren – falls es nicht zu viel regnet und wir die Wadis am Weg (Flüsse) überqueren können. Ob uns noch Zeit für Kerenek, einem kleinerer Ort etwas östlich von El Genina, bleiben wird ist fraglich, da wir schon viel Zeit mit den logistischen Überlegungen zu Beginn der Mission verloren haben.

Wir haben viel zu wenig Personal, um jenen vor Ort zumindest einen freien Tag in der Woche zu ermöglichen. Jeder ist müde. Die Bevölkerung, soweit ich sie bis heute kennenlernte, ist offen und sehr freundlich und dankbar für die Hilfe. (red)