"Österreich könnte sich vom Baltikum einiges abschauen", sagt Franz Wohlfahrt, seit Jahreswechsel Chef beim niederösterreichischen Glücksspielkonzern Novomatic während einer Informationsreise durch Lettland und Estland. Die nach der Unabhängigkeit im Laufe der Jahre bis zum EU-Beitritt entwickelten Glücksspielrechtsordnungen im "hochregulierten" Baltikum "entsprechen höchsten internationalen Standards", so Wohlfahrt weiter. Dies bedinge, dass es mittlerweile "so gut wie keinen" schwarzen oder grauen Markt gebe. In Österreich hingegen stünden 5000 illegale Slotmaschinen in den Hinterzimmern von Kaffeehäusern und Gastwirtschaften, "und das ist noch vorsichtig geschätzt".

2000 illegale Automaten in OÖ

Zur Erklärung: In Österreich sind Spielautomaten ohne Einsatz- und Gewinnlimits nur in den Kasinostandorten erlaubt. Das so genannte "kleine Glücksspiel" (Einsatzlimit pro Spiel: 50 Cent, Auszahlungslimit: 20 Euro) ist lediglich in Wien, Kärnten und der Steiermark per Landesgesetzen erlaubt. Bisher scheiterte in anderen Bundesländern politisch die Freigabe an Warnungen vor mehr Spielsüchtigen. Die fehlende Freigabe in den restlichen Bundesländern bedeute aber nicht, dass nicht an Automaten gezockt werde. Aber: "Alleine in Oberösterreich stehen 2000 illegale Automaten", so Wohlfahrt.

Novomatic, Hersteller von Kasinoautomaten aller Art sowie in vielen Ländern selbst Operateur von Kasinos, halte sich von Graumärkten fern – weil einerseits die Lizenzierungen in den einzelnen Ländern gefährdet sind, sollte man in den Verdacht kommen, mit illegalen Märkten etwas zu tun zu haben. Andererseits habe der "Spieler- und Jugendschutz höchste Priorität".

Kasinos an jeder Ecke

Im Baltikum sprießen seit der Regulierung in den Hauptstädten an jeder Ecke Automatenkasinos – die Standorte und ihr Publikum sind sehr durchwachsen: vom Kasino rund um den ehemaligen Stadtturm von Tallinn, dessen mittlerer Teil unter Denkmalschutz steht, über den pompösen, früheren Kinosaal an Rigas wichtigster Einkaufsstraße bis zum verrauchten, aber hoch frequentierten Kasinosaal direkt vor dem Zentralbahnhof von Riga.

Novomatic-Wachstum

Novomatic mit Stammsitz Gumpoldskirchen ist in Lettland laut eigenen Angaben Marktführer, in Estland auf dem Weg dazu. Der litauische Markt entwickelt sich gerade. Auch im Baltikum steht der österreichische Konzern mit den internationalen Gaming-Riesen wie die US-Konzerne IGT und Bally sowie die australische Aristocraat in Konkurrenz. Insgesamt will der österreichische Konzern heuer den Umsatz in Richtung einer halben Milliarde Euro pushen, nach 420 Mio. im Vorjahr. Wachstumstreiber ist vor allem Osteuropa, aber auch Zukäufe wie der britische Gerätehersteller Astra Games. (Leo Szemeliker aus Riga, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.9.2004)