Wien - Die Caritas fordert angesichts des "Kompetenzdschungels" in der Pflegefrage einen "Pflegeminister". Vier Minister, ein Staatssekretär und 16 Landesräte seien für die Pflegefrage zuständig. "Das ist keine Kompetenzaufteilung, sondern ein politisches Wollknäuel, das entwirrt gehört", so Caritas-Präsident Franz Küberl in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Caritas-Direktor Michael Landau am Mittwoch. Die Hilfsorganisation schlägt auch einen Nationalen Aktionsplan und eine parlamentarische Enquete zum Thema vor.

In der Pflegefrage sei eine Strukturbereinigung und eine bessere Zusammenarbeit der Länder gefragt. Auf Bundesebene könnte durch ein Kompetenzzentrum und durch einen "Pflegeminister" die Pflege besser verankert werden. "Man muss sich auf das Stück einigen und nicht nur auf einzelne Szenen", so Küberl und schlägt einen Nationalen Aktionsplan vor. Die Gebietskörperschaften würden sich derzeit wie Igel verhalten, wenn es um Zusammenarbeit geht: "Sie stellen die Stacheln auf". Die Pflege sei aber dringend jetzt zu sichern, damit in Zukunft kein Notstand eintrete.

Der Caritas-Präsident nennt die Finanzierung des Pflegebereichs, die Ausarbeitung von Pflegestandards, die Modernisierung der Ausbildung als wichtigste Punkte auf der Agenda. In der Ausbildung brauche es vor allem neue Inhalte um auf zukünftige Entwicklungen entsprechend reagieren zu können. Beispielsweise würde sich die Anzahl der Demenzkranken in 40, 50 Jahren von derzeit rund 90.000 auf 230.000 bzw. 240.000 Betroffene erhöhen. Es brauche nicht nur "beachtliche Kampagnen", sondern auch Fördermittel um mehr Pflegepersonal zu rekrutieren, Umschulungen zu finanzieren und die Menschen während der Ausbildung auch finanziell absichern zu können.

Die Durchführung einer parlamentarischen Enquete zum Thema "Zukunft der Pflege in Österreich" empfiehlt Caritas-Direktor Landau. Man wolle das Thema aus "dem parteipolitischen Streit heraushalten, weil es zu wichtig ist". Landau hebt ergänzend die notwendige Entlastung und Unterstützung pflegender Angehöriger und die "längst angekündigte Valorisierung des Pflegegeldes" hervor. Wünschenswert wäre auch, dass Pflegekarenz analog zu Kindererziehungszeiten als Ersatzzeit zur Pension angerechnet werden.

Landau vermisse nach wie vor "schmerzlich" die politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema. "Den guten Worten müssen nun gute Taten folgen", ergänzt Küberl in Richtung der politisch verantwortlichen Personen.

Um mehr Aufmerksamkeit für das Thema zu erreichen, plant die Caritas ab Mitte September bis Mitte Oktober eine österreichweit angelegte Infokampagne zum Thema "Betreuen und Pflegen". Die Informationsoffensive umfasst Plakate und Aktionstage in den Bundesländern. Betroffene können sich nun auch unter der kostenlosen Hotline 0800 - 880 280 zum Thema Pflege beraten lassen. Sponsoren der Kampagne sind u.a. die Wiener Städtische und Pfizer.

Haupt: Ressort ist bereits "Kompetenzzentrum"

Sozialminister Herbert Haupt (F) sieht das von Caritas-Präsident Franz Küberl geforderte "Kompetenzzentrum" im Pflegebereich bereits jetzt in seinem Ministerium angesiedelt. Die größtmögliche Kompetenz liege beim Minister, so ein Sprecher auf Anfrage der APA. Der Knackpunkt sei die Frage der österreichweiten Qualitätskontrolle der Pflege. Diese Kompetenz obliege aber derzeit den Ländern. Haupts Vorschlag sei, diese Kontrolle ebenfalls auf Bundesebene zu verankern und die Pflegestandards zu vereinheitlichen. Dagegen würden sich aber die Ländern wehren - und zwar alle.

Die Ausbildungsstandards seien nun auf Betreiben Haupts österreichweit vereinheitlicht und damit verbessert worden. Zur Forderung der Caritas, die Ausbildung durch die Aufnahme neuer Inhalte zu verbessern, sagte der Sprecher, dies werde "ständig gemacht". Das Sozialministerium sei natürlich gewillt das weiter zu forcieren. Zur ausständigen und geforderten Valorisierung des Pflegegeldes hieß es, dass Haupt darauf "nahezu im Monatsabstand" gedrängt habe. Nun sei man auf guten Wege. Mehr sei zu erfahren, wenn das neue Budget dem Parlament vorgelegt werde. (APA)