Italiens Auffanglager für illegal ins Land Gekommene sind hoffnungslos überbelegt, immer mehr Flüchtlinge tauchen einfach unter. In nur zwei Tagen landeten in Lampedusa fast 1000 Geflohene. Zwar wurden sie auf andere Regionen verteilt, doch die Aufnahmekapazität ist erschöpft.

So mussten in Sizilien mehr als 100 Einwanderer freigelassen werden, nachdem sie einen Tag in einer Sporthalle verbracht hatten. "Das Innenministerium konnte uns nicht mitzuteilen, wo wir sie unterbringen sollen", schildert der Polizeichef von Siracusa die Ausnahmesituation. "Wir mussten sie mit einem Ausweisungsbescheid entlassen."

Weitere 200 Einwanderer, die nach Kalabrien gebracht worden waren, flüchteten bereits in der ersten Nacht. Auf Widerstand stießen sie nicht, denn Capo Rizzuto ist ein kaum gesichertes Lager.

Obwohl das umstrittene Einwanderungsgesetz in jeder der 20 Regionen mindestens ein Aufnahmelager vorsieht, gibt es nur 13 derartige Einrichtungen - zehn davon in Süditalien. Die meisten fassen kaum 100 Menschen. Doch seit Jahresbeginn wurden in Italien bereits 9500 illegale Einwanderer registriert.

"Invasion"

Laut Gesetz muss jeder Flüchtling nach zwei Monaten entlassen werden - mit der Auflage, Italien innerhalb von fünf Tagen zu verlassen. Gut die Hälfte aller Lagerinsassen taucht dabei unter. Die Eröffnung neuer Lager stößt auf massiven Widerstand der Gemeinden und Regionen.

Die Lega Nord hat Innenminister Francesco Pisanu scharf kritisiert und ihm Versagen vorgeworfen. Justizminister Roberto Castelli forderte eine "effizientere Überwachung der Küsten" und sprach von "Invasion". Reformenminister Roberto Calderoli ging noch weiter: Die Flüchtlingsboote müssten in Lampedusa "nur aufgetankt, gewendet und wieder aufs Meer geschleppt werden." (DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2004)