Innsbruck/Wien - Viele polnische Kleinunternehmer im österreichischen Bauhilfsgewerbe sorgen in der Wiener Wirtschaftskammer noch nicht für Angst vor Schwarzarbeit. "Wer glaubt, als Unternehmer reüssieren zu können, soll die Chance dazu haben": Wirtschaftskammerpräsident Walter Nettig teilt die kürzlich von Reinhold Mitterlehner geäußerten Sorgen nicht.

Der Vizegeneralsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) hatte davor gewarnt, dass systematisch Tausende Arbeitnehmer über ein Geflecht von Subunternehmer aus Osteuropa ins Land geschleust würden - alle als Selbstständige deklariert, um geltende Übergangsbestimmungen nach der EU-Erweiterung zu umgehen.

"Schwarze Schafe gibt es überall"

"Wenn die geltenden Vorschriften eingehalten werden" habe man gegen die neuen Unternehmer nichts einzuwenden, heißt es in Wien. "Schwarze Schafe" gäbe es überall, diese werde man nicht schützen, man teilt aber nicht den Generalverdacht der Scheinselbstständigkeit, so Nettig am Dienstagabend.

Die von Mitterlehner genannten Zahlen seien überdies zu hoch gegriffen, erklärt man in der Wiener Kammer. Man müsse die Unternehmer und nicht die Zahl der gelösten Gewerbeberechtigungen zählen.

782 polnische Kleinunternehmer

Bisher haben nach Wiener Rechnung 782 polnische Kleinunternehmer hierzulande ein Gewerbe begründet, Tendenz nach einem Höhepunkt im Juli stark sinkend.

Mitterlehner sagte nach einer Sozialpartner-Enquete zur Schwarzarbeit am Dienstag zum STANDARD: "Ich streite nicht darum, wenn es einen Boom geben sollte. Ich sehe aber sehr wohl, wenn es ein Problem gibt."

Alleine im Wiener Baunebengewerbe seien seit Mai zu 1500 bestehenden Gewerbeanmeldungen 1440 neue dazu gekommen, zum Großteil aus Osteuropa. Diese seien zwar bei der gewerblichen Sozialversicherung angemeldet. Es bestehe aber der Verdacht, dass keine Beiträge gezahlt werden.

Tiroler Lösungsansatz

In Tirol gibt es nun einen Lösungsansatz: Eine einheitliche, von der Kammer ausgegebene Beschäftigungskarte soll im Baugewerbe die Kontrolle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erleichtern. Wirtschaftskammer, Bauindustrie und -gewerbe, sowie die KIAB (Kontrolle illegaler Ausländerbeschäftigung) haben das Konzept entwickelt.

Die beschäftigenden Firmen stellen nach Überprüfung von Reisepass, Arbeitsbewilligung, etc. die mit Lichtbild versehenen Karten aus. Die Arbeiter müssen künftig auf der Baustelle nicht mehr Originaldokumente, sondern nur noch die Beschäftigungskarte bei sich tragen.

Firmen die Beschäftigungskarten an nicht berechtigte Personen ausstellen, hätten mit Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft zu rechnen. (or, hs, szem/DER STANDARD Printausgabe, 16.09.2004)