Mit einer Megafusion will der russische Staat die Kontrolle über den Gasriesen Gazprom erreichen. Dabei sollen aber auch die Konzernaktien für ausländische Investoren leichter zugänglich werden. Experten sehen die Fusion im bevorstehenden Kauf von Yukos-Fördertöchtern motiviert.

Die Ausweitung der staatlichen Macht zieht sich wie ein roter Faden durch: Am Dienstag fiel der Startschuss für einen staatlich kontrollierten Energiemulti. Läuft alles nach Plan, sollte der Gasmonopolist Gazprom bis Jahresende mit der letzten staatlichen Ölgesellschaft Rosneft fusionieren. Dies bedeutet, dass Gazprom nun ernsthaft ins Ölgeschäft einsteigt.

Staat übernimmt Kontrolle

Das bedeutet freilich auch, dass der Staat die Kontrolle bei Gazprom übernimmt. Hält er bislang 38,37 Prozent, wird sich der Anteil nach dem Merger auf über 50 Prozent erhöhen.

Laut Premier Michail Fradkow erhalte der Staat dadurch eine effektive Kontrolle über die Branche und ihr wichtigstes Unternehmen. Mit einem Aktientausch wird Rosneft zu 100 Prozent in den Gazprom-Konzern eingegliedert, Gazprom gründet eine neue Erdöl fördernde Tochter namens Gazpromneft. Die Verschmelzung ist die zweitgrößte auf dem russischen Öl-und Gassektor.

Gazprom deckt ein Fünftel der weltweiten Gasproduktion, Rosneft - das als ineffizient geführt gilt - hat als siebtgrößte Ölgesellschaft Russlands im vergangenen Jahr 19,4 Millionen Tonnen Erdöl, also knapp fünf Prozent der russischen Produktion, erzeugt.

Öffnung für Ausländer

Die rosige Aussicht für ausländische Investoren ist die geplante Liberalisierung des Gazprom-Aktienhandels. Seit 1997 war der Erwerb von Gazprom-Aktien für Ausländer restriktiv reglementiert. Größter ausländischer Aktionär ist mit 6,43 Prozent die deutsche Ruhrgas. Insgesamt halten Ausländer derzeit 11,5 Prozent an Gazprom, in Umgehung der restriktiven Regelungen wurden aber noch weitere Prozente über russische Strohmänner erworben.

Am Dienstag schoss die Gazprom-Aktien historisch einmalig um 15 Prozent nach oben. Noch stehen freilich konkrete Beschlüsse zur Liberalisierung des Gazprom-Aktienhandels aus. In Kraft treten wird sie ohnehin kaum vor Ende des nächsten Jahres.

Viele Beobachter gehen davon aus, dass die Liberalisierung ohnehin nicht das Hauptziel der Fusion ist, sondern dass es um den Erwerb der Yukos-Fördertöchter gehe. Der neue Fusionsriese gelte nun als Hauptanwärter. (DER STANDARD Printausgabe, 16.09.2004)