Ankara - Das Parlament in Ankara hat die
Meinungsfreiheit in der Türkei erweitert. Im Rahmen der Beratung über
eine breit angelegte Strafrechtsreform änderte die Volksvertretung
den Paragraphen zur Volksverhetzung, wie türkische Nachrichtensender
am Donnerstag berichteten. Dieser Paragraph war in der Verhangenheit
häufig zur Bestrafung unliebsamer Politiker und Journalisten
verwendet worden. Nach dem neuen Gesetz gelten Meinungsäußerungen
erst dann als strafbare Volksverhetzung, wenn sie eine
"offensichtliche und unmittelbare" Gefahr für die öffentliche
Sicherheit darstellen.
Schärfere Strafen für Folterer
Das Parlament beschloss auch schärfere Strafen für Folterer, die
künftig mit bis zu zwölf Jahren Haft bestraft werden können. Wenn das
Opfer stirbt, lautet die Höchststrafe lebenslänglich. Vor den
Beschlüssen zur Meinungsfreiheit und zur Folter hatte das Parlament
bereits die bisher geltenden Strafnachlässe für so genannte
Ehrenmorde abgeschafft. Mit der Reform will die Türkei näher an die
EU heranrücken.
EU will neue Foltervorwürfe untersuchen
Einige Menschenrechtsgruppen beklagen, trotz aller
Strafverschärfungen werde in der Türkei weiter systematisch
gefoltert. Eine Abordnung der EU-Kommission soll diese Vorwürfe in
den nächsten Tagen bei Gesprächen in der Türkei untersuchen. In drei
Wochen will die Kommission ihren neuen Fortschrittsbericht zur Türkei
vorlegen. Der Bericht bildet eine Art Vorentscheidung über den Beginn
von Beitrittsverhandlungen zwischen EU und Türkei. (APA)