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Eindringlinge im House of Commons

Foto: AP Photo/House of Commons TV
London - Zu den fünf Fuchsjagd-Anhängern, die in den Sitzungssaal des britischen Unterhauses eindrangen, schreibt am Donnerstag die linksliberale Zeitung "The Guardian" (London): "Dass ein gewähltes Parlament ohne Furcht vor Einschüchterung zusammenkommen, debattieren und Gesetze verabschieden kann, ist eine der Grundlagen für ein demokratisches System. Jede physische Bedrohung dieses Rechts ist ein Ereignis, das überzeugte Demokraten alarmieren sollte - egal ob es dabei um die Monarchie geht, wie im 17. Jahrhundert, die Luftwaffe im 20. oder jetzt die Landallianz (der Fuchsjagd-Anhänger).

Mehrere Stürme auf das Parlament in diesem Jahr

Der gestrige Angriff militanter Jagd-Befürworter auf das Parlament war auf seine Weise ein ebenso ernst zu nehmender Angriff auf die Freiheit des britischen Volkes und seine gewählten Vertreter wie alles, was zuvor von (König) Karl I. oder (NS-Minister) Hermann Görings Piloten unternommen wurde. Dieses Jahr ist das Parlament bereits von Greenpeace, unzufriedenen Vätern und der Jagd-Lobby gestürmt worden. Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand versuchen wird, einen Minister oder einen Abgeordneten im Unterhaus zu töten."

Britische Konservative beklagen Sicherheitslücken im Parlament

Auch die konservative Opposition hat nach den Vorfällen gravierende Sicherheitslücken im Parlament beklagt. "Was wir beobachtet haben, ist etwas, das viele Menschen in Gefahr bringt, nicht nur im Parlament - es wird Terroristen auch woanders ermutigen", sagte der Innenminister des konservativen Schattenkabinetts, David Davis, am Donnerstag dem BBC-Radio. Es handle sich um ein "spektakuläres Scheitern" der Sicherheitsmaßnehmen, sagte der Tory-Politiker.

Schutz des britischen Parlaments nach Zwischenfall verstärkt "Was wir gesehen haben, wird Terroristen bestärken"

Am Donnerstag wurde der Schutz des Parlaments drastisch verstärkt. Zum ersten Mal bewachten bewaffnete Polizisten die Eingänge des Saales.

Geschehnisse

Während der Debatte über ein Verbot der Fuchsjagd waren am Mittwoch fünf Demonstranten in den Sitzungssaal des Unterhauses gelangt. Sie bedrohten den zuständigen Staatssekretär Alun Michael und beschimpften Mitglieder der Labour-Fraktion. Parlamentsdiener überwältigten die Eindringlinge. Die Debatte wurde daraufhin kurzzeitig unterbrochen, anschließend wurde das Gesetz zum Verbot der vor allem bei Adligen beliebten Treibjagd mit Hunden mit großer Mehrheit - 356 zu 166 Stimmen - beschlossen. Am Donnerstag wurden die Eindringlinge noch von der Polizei verhört.

Unter den fünf Eindringlingen waren der Sohn des Rockstars Bryan Ferry, der 21-jährige Otis Ferry, und ein Freund von Prinz William, der Polospieler Luke Tomlinson (27).

Die Fünf hatten zusammen mit drei weiteren Demonstranten, die am Ende nicht in den Sitzungssaal gelangten, offenbar das Parlamentsgebäude durch den Haupteingang betreten. Dazu hatten sie ein gefälschtes Einladungsschreiben vorgelegt. Möglicherweise wurden sie dann von jemandem zu einer Treppe gebracht, der einen Parlamentsausweis besaß. Sie huschten dann an Türstehern vorbei; nur drei der acht Störenfriede wurden aufgehalten.

Scotland Yard ermittelt

Sowohl Scotland-Yard-Chef Sir John Stevens als auch Parlamentspräsident Michael Martin sagten, die Fünf müssten Hilfe von jemandem bekommen haben, der im Parlament arbeitet und über einen Passierschein verfügt. "Wir werden genau herausfinden, was geschehen ist", sagte Sir John.

Es wird zwar damit gerechnet, dass das entsprechende Gesetz im Oberhaus abgelehnt wird. Doch für diesen Fall hat die Regierung angekündigt, das Verbot durch ein selten angewendetes Sondergesetz, den Parliament Act, durchzusetzen.

Weitere Sicherheitslücken

Erst wenige Tage zuvor war ein als Batman verkleideter Mann an den Mauern des Buckingham-Palastes in London emporgeklettert. Es war nicht das erste Mal, dass ein Unbefugter auf das Gelände der offiziellen Residenz von Königin Elizabeth II. gelangt war. Im Unterhaus wurde Premierminister Tony Blair vor vier Monaten von der Tribüne aus mit einem Kondom beworfen, das mit violett gefärbtem Mehl gefüllt war. Beide Aktionen gingen auf das Konto von Gruppen, die für die Rechte von Vätern kämpfen. (APA/dpa)