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Foto: AP/FABIAN BIMMER
Im Wettrennen um die günstigsten Bedingungen für Unternehmen liefern sich die alten und neuen Mitgliedsstaaten der EU einen erbitterten Kampf, bei dem öffentliche Haushalte gekürzt werden und Unternehmenssteuern gesenkt werden. Leitragende sind im "Osten" wie im "Westen" Menschen, die auf solide öffentliche Leistungen angewiesen sind.

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Der Deutsche VW-Berater Peter Hartz hat es mit seinen Empfehlungen zur Sanierung des "Standortes D" bereits zu trauriger Berühmtheit gebracht. Während in Deutschland die rot-grüne Regierung sein "Reformprogramm" durchzieht, zu dem es angeblich "keine Alternativen" gibt, versucht der polnische Wirtschaftsminister Jerzy Hausner ähnliches in seinem Heimatland durchzusetzen.

Sozialbugets streichen Inspiriert von einem Bericht der Weltbank, die den öffentlichen Haushalt von Polen zu sehr von laufenden Ausgaben belastet sah, hat sich Hausner zum Ziel gesetzt, 54,4 Mrd. Zloty ( aufg. 12,4 Mrd EUR) an Ausgaben einzusparen.

Es überrascht wenig und entspricht dem neoliberalen Zeitgeist, dass das Gros der Einsparungen zu Lasten der Schwächsten der Gesellschaft geht. So sieht der Hausner-Plan zum Beispiel vor, dass behinderte Menschen beruflich und sozial "aktiviert" werden sollen.

"Effektives System von Aktivierungsmethoden"

Das Programm 50+ widmet sich der Suche nach einem "effektiven System von Aktivierungsmethoden" (z.B. Ich-AG), mit deren Hilfe die ältere Menschen in den Arbeitsprozess integriert werden sollen.

Unternehmenssteuer senken Gleichzeitig wurden die Unternehmenssteuern im heurigen Jahr ein weiteres Mal von 27% auf 19% gesenkt. Hintergrund dieser Politik ist die Annahme, dass den Unternehmen durch die steuerliche Entlastung mehr Geld für Investitionen bleibt und damit die hohe Arbeitslosigkeit in Polen bekämpft werden kann.

Oder anders gesagt: Was gut ist für die Wirtschaft (in der Regel Transnationale Konzerne), ist gut für die Menschen. Diese Theorie klingt durchaus interessant, nur hält sie einer Realitätsprüfung im Fall von Polen (und in vielen anderen Fällen) nicht stand, denn insgesamt haben sich die Steuern für Unternehmen in Polen im Zeitraum 1996-2003 um 13% verringert und die Zahl der Arbeitslosen ist im selben Zeitraum gestiegen anstatt kleiner zu werden.

Kein Garant für prosperierende Volkswirtschaften

Anscheinend sind niedrige Unternehmenssteuern, anders als es neoliberale Wanderprediger à la Grasser oder Hausner verlautbaren, kein Garant für prosperierende Volkswirtschaften und glückliche Menschen. Viele reiche Länder haben hohe Unternehmenssteuern, die unter anderem dazu beitragen, dass wichtige Infrastruktur, die allen BürgerInnen unabhängig von ihrer Einkommenssituation zur Verfügung stehen soll, finanziert wird.

Was passiert, wenn radikal reformiert und von unten nach oben umverteilt wird, konnte die europäische Öffentlichkeit vor einigen Monaten erleben, als im Zuge der Steuerreform in der Slowakei die Steuern für Unternehmen auf 19% gesenkt wurden und die Ausgaben des öffentlichen Haushalts (z.B. Reduzierung der Sozialhilfe um bis zu 50%) gekürzt wurden.

Neben den NormalverdienerInnen traf dies vor allem die ohnehin gebrandmarkte Minderheit der Roma. Die Bilder von den Plünderungen und dem Militäreinsatz gegen die Roma sind noch in Erinnerung...

Sozialkahlschlag verhindern

Ein erster Schritt, um dieses Rennen um die niedrigsten Unternehmenssteuern zu stoppen und die Fortsetzung des Sozialkahlschlags im erweiterten Europa zu verhindern, wäre die Einführung einer einheitlichen europaweiten Unternehmensbesteuerung auf hohem Niveau.

Die Ausrichtung der aktuellen EU-Politik, die in Brüssel und den zentralen europäischen Hauptstädten ausgehandelt wird, lässt daran zweifeln, ob die Alternativen zum "Rennen nach unten" in die Politikgestaltung Eingang gefunden haben.

Die Integration wird nach wie vor unter neoliberalen Vorzeichen vorangetrieben. Und damit kann der Kampf um die niedrigsten Unternehmenssteuern und die radikalsten Sozialkürzungen weitergehen...bis wir bei 0% angelangt sind?