Wien - Diplomaten der USA und der EU haben sich in Verhandlungen vorläufig darauf verständigt, den Iran wegen seiner geplanten Wiederaufnahme der Urananreicherung zu tadeln. Das verlautete am Donnerstag aus diplomatischen Kreisen bei der unterbrochenen Gouverneursratssitzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien. Teheran zeigte sich unbeeindruckt: Der Leiter der Delegation bei den Verhandlungen in Wien, Hossein Musavian, deutete an, dass der Iran in einigen Monaten wieder mit der Urananreicherung beginnen könne. Ein US-Diplomat warf unterdessen der IAEO vor, sie verschweige ihre eigene Besorgnis über ein mögliches Atomwaffentestgelände im Iran.

Tests hochexplosiver Stoffe

Der Diplomat - ein ranghohes Mitglied der US-Delegation - sagte, in dem Partschin-Komplex würden hochexplosive Stoffe getestet. Möglicherweise seien auch für Atomwaffen verwendbare Bestandteile darunter. Dass IAEO-Generaldirektor Mohammed ElBaradei dies in seinem Bericht nicht erwähnt habe, sei eine "ernste Auslassung".

Musavian bestritt daraufhin, Atomaktivitäten in dem Komplex zu betreiben: "Wir dementieren kategorisch jegliche Tests mit atomarem Zusammenhang" in dem Komplex in Parschin rund 30 Kilometer südöstlich von Teheran, sagte Musavian. Die IAEO hätte auch keine Besichtigung der verdächtigen Anlage gefordert - sollte dies aber der Fall sein, sei der Iran zur "vollen Zusammenarbeit" bereit.

Gemeinsamer Resolutionsentwurf zeichnet sich ab

In den nichtöffentlichen Gesprächen zeichnet sich europäischen Diplomaten zufolge aber ein gemeinsamer Resolutionsentwurf ab, in dem beide Seiten ihre "ernste Besorgnis" über den von Teheran nach einjähriger Unterbrechung geplanten Schritt zur Urananreicherung ausdrücken.

Weiter verhandelt werde über eine Liste von Forderungen an den Iran. Sowohl die USA als auch die EU wollen von Teheran eine Verpflichtung, die Urananreicherung zu stoppen und Sorgen zu zerstreuen, das Land strebe den Besitz von Atomwaffen an. Meinungsverschiedenheiten bestehen darüber, wie das erreicht werden soll.

Sanktionen nach Ende Oktober

Die USA wollen dem Iran eine am 31. Oktober endende Frist setzen, nach der sich dann der UN-Sicherheitsrat mit der Angelegenheit befassen sollte. Dieser könnte Sanktionen gegen Iran verhängen. Ein von Deutschland, Frankreich und Großbritannien vorgelegter Entwurf ist schwächer formuliert.

"Bald wieder beginnen"

Der Iran zeigte sich unterdessen unbeeindruckt: Der Leiter der Delegation bei den Verhandlungen in Wien deutete an, dass der Iran bald wieder mit der Anreicherung von Uran für sein Atomprogramm beginnen würde. Der Iran hatte sich vor einem Jahr bereit erklärt, seine Pläne für die Anreicherung von Uran auszusetzen. "Ich denke, ein Jahr ist genug", sagte Hossein Moussavian auf die Frage, ob Iran diese Verzichtserklärung verlängern wolle. Er nannte kein Datum für die Wiederaufnahme der Urananreicherung, deutete aber an, dass dies "in einigen Monaten" geschehen könne.

Die Urananreicherung ist Iran entsprechend dem Atomwaffensperrvertrag nicht verboten. Da diese Technik aber nicht nur zur Produktion von Brennstäben für Atomkraftwerke, sondern auch zur Herstellung von Material für Atomwaffen genutzt werden könnte, wuchs in letzter Zeit der Druck auf den Iran, darauf zu verzichten. (APA)