Wien - Der montenegrinische Premier Milo Djukanovic hat baldige Gespräche mit Belgrad über eine friedliche Trennung zwischen Serbien und Montenegro angekündigt. In einem Gespräch mit der APA am Donnerstag in Wien erklärte Djukanovic, dass er bei einem seiner nächsten Treffen in Belgrad die Diskussion über eine mögliche Einigung in dieser Frage - er nannte in diesem Zusammenhang das "tschechoslowakische Modell" - beginnen wolle.

Podgorica werde das im März 2002 unterzeichnete "Belgrader Abkommen" (Umbildung der Bundesrepublik Jugoslawien in den Staatenbund Serbien-Montenegro), in dem beiden Republiken das Recht auf ein Unabhängigkeits-Referendum nach drei Jahren eingeräumt wird, voll achten. Allerdings sei auch eine Einigung und damit friedliche Trennung noch vor Ablauf dieser Frist möglich, betonte der Ministerpräsident.

Djukanovic: Verfechter der Unabhängigkeit Montenegros

Djukanovic schloss ein künftiges Bündnis zwischen Serbien und Montenegro in Form zweier unabhängiger Staaten nicht aus. Für den entschiedenen Verfechter der Unabhängigkeit Montenegros ist klar, dass sowohl Serbien als auch Montenegro nur den europäischen Weg gehen könnten. Ebenso klar sei die Prämisse für einen erfolgreichen Weg der beiden Republiken: "Jeder muss an seiner eigenen Zukunft bauen. Und niemand wird die europäische Zukunft Montenegros besser steuern als Podgorica, so wie auch niemand die europäische Zukunft Serbiens besser steuern wird als Belgrad".

Eine Mehrheit in Montenegro sei jedenfalls für die Unabhängigkeit mit einer "maximalen gegenseitigen Offenheit", eine Minderheit für den Erhalt des derzeitigen Staatenbundes. Etwas anderes als die Unabhängigkeit kommt für den starken Mann des 600.000-Einwohnerlandes auch nicht in Frage. Für "romantische Schwärmereien" gebe es keinen Raum mehr. Von der These, die größtenteils auch von Brüssel vertreten wird, dass der Staatenbund Serbien-Montenegro ein Faktor der Stabilität auf dem Balkan sein müsse, halte er nichts: "Das Bündnis funktioniert nicht und kann deshalb nicht ein Faktor der Stabilität sein".

Klar sei, dass Serbien als größtes und bevölkerungsreichstes Land des West-Balkan ein wichtiger Faktor für die Sicherheit sein müsse. Die Voraussetzung dafür sei aber ebenso klar: Serbien könne diese Rolle nur ausfüllen, wenn es unabhängig und damit rein auf eigene Probleme konzentriert sei. Indem Serbien konsequent den Weg der europäischen und euroatlantischen Integrationen gehe, würde zudem den Nationalisten der Wind aus den Segeln genommen.

Befürchtet keinen Domino-Effekt bzw. weitere Abspaltungen in Südosteuropa

Einen so genannten Domino-Effekt bzw. weitere Abspaltungen in Südosteuropa befürchtet Djukanovic im Falle der Unabhängigkeit Montenegros nicht. Man dürfe etwa das ungelöste Problem der derzeit von der UNO verwalteten südserbischen Provinz Kosovo, das der Ministerpräsident als "letztes Sicherheitsproblem in unserer Region" bezeichnete, nicht mit dem Verhältnis zwischen Serbien und Montenegro in Verbindung bringen. Kosovo sei eine "Sicherheitsfrage", bei Serbien-Montenegro handle es sich um eine "demokratische Frage".

Montenegro, betonte der Premier, habe auch alle Pflichten gegenüber dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag erfüllt. Den Standpunkt des serbisch-montenegrinischen Verteidigungsministers Prvoslav Davinic, wonach sowohl die serbische als auch montenegrinische Regierung für die Auslieferung des von Haager Tribunal angeklagten bosnisch-serbischen Ex-Militärchefs Ratko Mladic verantwortlich seien, wies Djukanovic energisch zurück. Davinic hatte am Donnerstag erklärt: "Die Lösung der Frage Mladic ist nicht nur eine serbische Angelegenheit. Die Verantwortung dafür liegt gleichermaßen bei den Regierungen Serbiens und Montenegros, weil er ein Offizier der Jugoslawischen Volksarmee war".

Dies habe er noch von keinem Politiker in Südosteuropa gehört, reagierte Djukanovic überrascht. Erneut versicherte er, dass "Mladic nicht einen Moment in Montenegro war". Der Standpunkt Montenegros sei ohnehin klar: Volle Kooperation mit dem UNO-Tribunal. Und tatsächlich gebe es heute zwischen Podgorica und dem Haager Gericht "keine offene Frage". (APA)