Ein "Wirtschaftspolitiker von Graden" sei der Finanzminister Karl-Heinz Grasser, hat Bundeskanzler Schüssel kürzlich gesagt. Was veranlasst ihn dazu? Was ist die großartige Bilanz dieses Finanzministers?

Im Jahr 2001 hat er ein so genanntes Nulldefizit zustande gebracht und perfekt der Öffentlichkeit verkauft. Das war es, was Schüssel gebraucht hat: Wir machen Schluss mit der roten Schuldenpolitik, wir bringen die Finanzen wieder in Ordnung. – Das Geheimnis des Nulldefizits war allerdings eine drastische Steuer- und Abgabenerhöhung bzw. ein Vorzieheffekt bei Unternehmens- und Einkommenssteuern.

Dann ging es so dahin, aber für heuer fehlt Grasser plötzlich eine Milliarde Euro Einnahmen. Vor allem die Umsatzsteuer lässt dramatisch aus.

Warum? Keine Ahnung, sagt Karl-Heinz mit seinem berückendsten Lächeln. Äh, kann es sein, dass die Steuererhöhungen der Vergangenheit, die ja die Kaufkraft kräftig beschnitten, im Verein mit den matten Konjunkturaussichten die Kauflust der Österreicher kräftig gedämpft haben? Und dass die Ankündigung schwerer Pensionseinschnitte die Leute eher zum Sparen als zum Konsumieren anregt?

Bleibt die Steuerreform. Sie kommt ab Anfang 2005, wird hoffentlich die Kaufkraft ankurbeln, aber natürlich des Defizit vergrößern. Die neue Parole "ausgeglichenes Budget über den Konjunkturzyklus" ist ohnehin Gefasel, genauso wie die Senkung der Steuerquote bis 2010 auf unter 40 Prozent. Dann ist Karl-Heinz längst weg.

Nächster Punkt: Privatisierung der Verstaatlichten. Zuerst die ÖIAG mit Herrschaften besetzt, denen der Chef von Böhler-Uddeholm, der seinen Konzern praktisch selbst privatisiert hat, kürzlich einen entsprechenden Lehrgang empfahl. Dann Austria Tabak so privatisiert, dass der englische Käufer aus den Dividenden den Kaufpreis bereits wieder herinnen hat.

Dann jede Menge Anläufe, Voest, Telekom, Post und VA Tech an bestimmte Partner zu verkaufen. Und jedes Mal ein Rückzieher, meist auf Befehl von Schüssel. Die Privatisierung, das ideologische Kernstück dieser Regierung, stockt (zur Klarstellung: Privatisierung ist richtig, auf das "wie" kommt es aber an).

Sonst? Grasser hat den Körperschaftssteuersatz für Unternehmen kräftig gesenkt, das wird (hoffentlich) den Standort verbessern. Hätte aber jeder machen müssen.

Allerdings hätte sich nicht jeder vorher von der Industrie das Geld für eine Homepage im Wert eines (kleinen) Einfamilienhauses schenken lassen. Die Leistung von Karl-Heinz besteht bisher darin, sich von beamteten Untergebenen bestätigen zu lassen, dass dafür eh keine Steuerpflicht besteht. Besser kann man Steuermoral, Vertrauen in den Staat und das Beamtenethos kaum fördern.

Sonst noch was? Eigentlich nicht. Das war's mit Karl-Heinz. Er darf jetzt noch weiter Finanzminister sein. Er macht jetzt einmal weiter, bis sich der Besitzer von "Red Bull", dessen Dosen er dauernd in die Kamera hält, oder ein anderer doch noch seiner erbarmt. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.9.2004)