Google und mehr: So könnte man das neue Angebot von Amazon.com beschreiben, das Dienstagabend offiziell online ging. Über ein neue Suchzeile auf der Startseite von Amazon.com (USA) oder die eigene Seite A9.com bietet A9, eine vor zwei Jahren gegründete hundertprozentige Tochterfirma des Onlinehändlers, Internetsuche an.

Google mit zusätzlichen Funktionen

Zwar greift A9 auf die Suchmaschine von Google zurück, der Amazon und sein Gründer Jeff Bezos seit langem freundschaftlich verbunden sind, hat aber weitere Funktionen. Der jeweilige Suchbegriff wird gleichzeitig in Buchtexten bei Amazon (komplette Texte von über 100.000 englischsprachigen Büchern), Filmdatenbank, Lexikas von Guru.Net und persönlichen Bookmarks und Notizen, die der Benutzer selbst bei früheren Suchen angelegt hat, abgefragt.

"Gedächtnis"

"Dies ist eine Suchmaschine mit einem Gedächtnis", beschreibt Udi Manber, der als Computerwissenschafter mit Suchalgorithmen entwickelte und A9 entwickelt hat. "Suchen ist für die Arbeit vieler Menschen heute ein integrierter Bestandteil. "Wir wollen Leuten dabei helfen, dass sie Information nicht nur schnell finden, sondern dass sie die gefundene Information auch behalten und managen können", erklärte Manber.

"Algorithmen-Chef"

A9 setzt dabei ein Konzept um, das als Schlüssel zur Entwicklung effizienterer Suchdienste gesehen wird und bei dem Manber als früherer "Algorithmen-Chef" (also Suchspezialist) von Amazon bereits viel Erfahrung mitbringt: Personalisierung. Jeder Amazon-Besucher, der als Kunde registriert ist, kennt dieses Konzept, mit dem auf Basis früherer Interessen und Käufe jeweils aktuelle Angebote zusammengestellt werden. Ähnlich ist es bei Suchen: Aufgrund persönlicher Interessen können Ergebnisse genauer werden – dazu muss aber eine Suchmaschine wissen, wer sie gerade befragt.

Hier setzt die Beziehung zu Amazon ein: Als Amazon- Kunde kann man sich bei A9 einloggen, woraus mit der Zeit ein persönliches Profil entsteht und die Suchmaschine ein "Gedächtnis" – wenn man will komplett mit persönlichen Notizen zu einzelnen Ergebnissen – erhält.

Bedeckt

Amazon hält sich mit seiner weiteren Strategie bedeckt, um sein gutes Verhältnis zu Google nicht (frühzeitig) zu gefährden. Aber Bezos Logik ist bei früheren Gelegenheiten klar geworden: Es geht darum, welche Webseite ein Internetbenutzer als Homepage definiert, mit der er oder sie den Marsch durchs Netz beginnt. Diesen Platz will Amazon besetzen – und dazu muss es Suche anbieten, denn das ist die meistbenutzte Funktion im Internet. (Helmut Spudich, DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2004)