Ankara - Die gemäßigt-islamische Regierungspartei AKP
in der Türkei hat am Donnerstag überraschend einen neuen Anlauf
unternommen, um ein Verbot des Ehebruchs im Strafrecht zu verankern.
Die AKP spreche allerdings nicht mehr ausdrücklich von Ehebruch,
sondern von "sexueller Untreue", berichtete der türkische
Nachrichtensender NTV. Die Untreue soll demnach mit einer Geldstrafe
geahndet werden. Damit umgeht die AKP den Vorwurf, sie wolle
EhebrecherInnen ins Gefängnis stecken. Die Regierung hatte erst am
Dienstag nach massiven Protesten in der Türkei und auch auf Druck der
Europäischen Union das Ehebruchsgesetz von der Tagesordnung der
Beratungen über das neue Strafgesetzbuch genommen.
Vorstoß entgegen Abmachung
Die AKP hatte sich mit der sozialdemokratischen Oppositionspartei
CHP darauf geeinigt, bei der derzeit laufenden Parlamentsberatung
über ein neues Strafgesetz nur gemeinsam vereinbarte Anträge zu
behandeln; der neue Vorstoß der AKP verstößt gegen diese Abmachung.
Die CHP kündigte deshalb umgehend Widerstand an. NTV berichtete,
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan unterstütze den Plan zur
Bestrafung der "sexuellen Untreue". Dem Sender zufolge gibt es in der
AKP aber auch Widerstand gegen die Initiative. Zunächst blieb offen,
ob und wann die AKP einen entsprechenden Gesetzentwurf ins Parlament
einbringen will.
Widerstand konservativer Kreise
Dafür, dass das Gesetz nun eventuell doch noch eingeführt werden
soll, sind Medienberichten zufolge konservative Kreise in der AKP.
Sie hatten auch gegen mehrere Gesetzesvorhaben protestiert, die die
weltliche Ausrichtung der Türkei gestärkt hätten. Widerstand gab es
gegen Gesetzvorschläge, die Geistlichen eine Kritik an der Regierung
verbieten sollten, die Haftstrafen für Personen vorsahen, die ohne
Genehmigung islamische Kleidung tragen und gegen ein Verbot nicht
offiziell genehmigter Koranschulen. (APA/AP)