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Bassajew ist klar an einer Ausweitung des Kaukasuskonflikts interessiert.

Foto: APA/dpa/Snopkow
"Ausgenommen sind Moscheen, Synagogen, Pagoden, Kinderheime und psychiatrische Anstalten (...) Alles andere auf Russlands Territorium werden wir nach Möglichkeit zerbomben, sprengen, vergiften und in Brand stecken." Mit diesen Worten kündigte Schamil Bassajew im März dieses Jahres neue Attacken an.

Mit der perversen Logik, nach der eine Schule offenbar etwas völlig anderes als ein Kinderheim ist, nennt der radikalste tschetschenische Warlord jetzt die letzten vier Terroranschläge "erfolgreiche Kampfoperationen", den blutigen Ausgang des Geiseldramas von Beslan aber eine "schreckliche Tragödie". Natürlich macht er Russland dafür verantwortlich, weil es den Tschetschenienkonflikt dem internationalen islamistischen Terror zuordne – und stellt dann selbst die Verbindung zum Islam her, indem er das Bekennerschreiben mit dem Lob Allahs beginnt, "der uns zu Muslimen gemacht und uns die Wohltat des Djihads auf Seinem geraden Weg erwiesen hat".

"Russischer Bin Laden"

Geiselnahme im Moskauer Musicaltheater, Ermordung des tschetschenischen Präsidenten Ahmed Kadyrow – so gut wie alle Terroranschläge der letzten Jahre in Russland dürften auf Bassajews Konto gehen, wodurch sich der zum zweiten Mal verheiratete Vater zweier Kinder den Beinamen "russischer Bin Laden" erwarb. Sein Hass auf den Kreml ist unermesslich, seit bei einem russischen Angriff seine erste Frau und seine Kinder getötet wurden und er 2000 im Feld ein Bein verlor.

Angeblich beim russischen Geheimdienst

Der Hass war nicht von Anfang an da. 1965 im tschetschenischen Wedeno geboren, diente der spätere Studienabbrecher im Fach Agrarwissenschaft angeblich dem russischen Geheimdienst, ehe er sich 1991 mit einer Flugzeugentführung in die Türkei spektakulär auf die Seite der Separatisten schlägt. In Abchasien unterstützt er den Unabhängigkeitskampf von Georgien. 1995 nimmt er in einem Krankenhaus im südrussischen Budjonnowsk mehr als 1000 Geiseln, 150 werden bei der Befreiung getötet.

Verlor gegen Maschadow

Politisch bringt es Bassajew nur zum Interimspremier, nachdem er 1997 die Präsidentschaftswahlen gegen Aslan Maschadow verloren hat. Er wendet sich fortan dem arabischstämmigen wahhabitischen Kriegsherrn Chattab zu, spinnt Kontakte zu Taliban und Al-Kaida und baut sein eigenes Machtzentrum aus.

1999 fällt er gegen den Willen Maschadows mit tausend Kämpfern in Dagestan ein und löst den zweiten Tschetschenienkrieg aus.

An Ausweitung des Konflikts interessiert

Bassajew ist klar an einer Ausweitung des Kaukasuskonflikts interessiert. Eigenen Worten zufolge will er die Muslime von der Wolga bis zum Don befreien. Hinweise für seine und Maschadows Gefangennahme sind dem russischen Staat zehn Millionen Dollar wert. (DER STANDARD, Printausgabe 18./19.9.2004)