Unter Russlands Präsident Putin gerät das Land zunehmend zur Diktatur.
London/Moskau - Nach der faktischen Ausschaltung des Oberhauses des Parlaments plant der russische Präsident Wladimir Putin offenbar eine noch schwerwiegendere Verfassungsänderung. Putin
will entweder seine Amtszeit auf sieben Jahre ausdehnen oder sich die Möglichkeit einer dritten Funktionsperiode absegnen lassen, berichtet die "Sunday Times" unter Berufung auf Kreml-Kreise. Derzeit hat der russische Präsident nach der Verfassung maximal zwei Amtsperioden von jeweils vier Jahren.
Putins Mandat würde damit 2008 enden. Bisher habe der 51-jährige Präsident bezüglich einer Verlängerung seiner Amtszeit "ernsthafte Bedenken" gehabt, heißt es aus dem Kreml. Der Terrorüberfall von Beslan habe ihn aber bewogen, die gesamte geltende Verfassungsordnung "zu überprüfen". Die geltende Verfassung war 1993 in einem umstrittenen Referendum angenommen worden und räumt dem Präsidenten umfangreiche Vollmachten ein.
Kaum Kritik aus der Öffentlichkeit
Dennoch will Putin seine Macht noch weiter ausbauen. In einer
zunehmend gleichgeschalteten Öffentlichkeit gibt es daran kaum offene
Kritik. Der Gouverneur der Region Iwanowo, Wladmir Tichonow, sagte
allerdings dem "Sunday Telegraph", Putins Pläne seien "gegen das
Gesetz und ein Rückschritt auf dem Weg zur Demokratie". Selbst der in
den vergangenen Jahren nicht mehr in Erscheinung getretene Vorgänger
Putin, Boris Jelzin, warnte Ende der Woche vor den Plänen seines
Nachfolgers.
Dennoch sieht Putin in einer Stärkung der Präsidentenmacht
offenbar den ersten Schritt zur Lösung des Tschetschenien-Problems.
"Beslan war Putins Tschernobyl", wird ein russischer Journalist von
der "Sunday Times zitiert. Das Atomunglück 1986 war von den Moskauer
Behörden damals lange verschwiegen und dann verniedlicht worden, trug
in seinen katastrophalen Auswirkungen aber maßgeblich zum Zerfall der
Sowjetmacht bei. (APA)
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