Wien - Kai Hensel ist trotz seiner 39 Jahre ein Jungautor, so jung, dass er, anstelle der Österreich-Premiere seines Stücks Party mit totem Neger beizuwohnen, beherzt den Budapester Marathon läuft. Ausdauertraining für kommende Übungen. Die Inszenierung wird er nachholen!

Dem gebürtigen Hamburger brachte das Lehrerstück Klamms Krieg 2002 den Deutschen Jugendtheaterpreis ein, und den Beweis, dass er wunde Punkte einer jungen Generation zu erkennen weiß.

Drei Protagonisten einer nachkommenden Neuen Mitte lässt Hensel in seinem schon im Jahr 2000 uraufgeführten Theatererfolg eine Party mit totem Neger feiern. Es sind dies in Sicherheit und Wohlstand wattierte Dreißigjährige, die im Überangebot an Möglichkeiten einfach nicht mehr weiterkommen.

"Was die drei suchen, ist eine Form", so Regisseurin Eva Hosemann, "die zu finden und auszuwählen heutzutage nicht leicht ist. Ich kann heute alles haben. Ich kann mich in eine sadomasochistische Gemeinschaft einkaufen, ein Yuppie oder Grufti werden. Alles darf sein, und alles muss man gelten lassen. Und in dieser Unübersichtlichkeit weiß man nicht mehr, wer man ist." Genau hier sind die drei jungen Menschen, Sven, Suzann und Daniel, angekommen. Im Theater Drachengasse, wo heute Abend Premiere gewesen wäre (20 Uhr), wenn man nicht wegen Krankheit kurzfristig um eine Woche hätte verschieben müssen, spielen Melanie Herbe, Harald Posch und Hubert Wolf das dekadente Trio. Mit kluger, feiner Hand skizziert Hensel hier die Momentaufnahme einer Generation, die allein mit sich beschäftigt und damit überfordert ist. Am Ende einer Party liegt eine Leiche im Hausflur, und keiner tut etwas.

Hosemann: "Den jungen Leuten fehlen mögliche Strukturen. Sie sind nicht einmal fähig, sich zum Tod dieses Schwarzafrikaners zu verhalten." Diese Lähmung resultiert aus einem Trend von Überprivatisierung unseres Lebens, so Hosemann, der zuungunsten öffentlicher Strukturen verläuft. "Strukturelle Fragen wie etwa Arbeitslosenregelung werden nicht mehr wirklich öffentlich behandelt, dafür erfahren wir jeden Furz über Stefan Effenberg. Das alles steckt in diesem Stück."

Wie bringt man das rüber? "Möglichst organisch. Man kann nur ganz nahe an der Logik der Figuren bleiben." (Margarete Affenzeller/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20. 9. 2004)