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SP-Klub- und Parteichef reden über Bildung: Josef Cap und Alfred Gusenbauer bekamen einiges zu hören.

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER
Wien – Die SPÖ hatte zu ihrer Klubklausur und Präsentation ihres Bildungsprogramms unter anderem den Philosophen Konrad Paul Liessmann geladen, der das als Anregung verstand, den "Advocatus Diaboli" einmal auf einer Parteibühne zu geben.

"Nirgends wird so viel gelogen wie in der Bildungspolitik", stellte Liessmann einleitend fest, um dann die parteiübergreifenden Unsinnigkeiten zu geißeln, die seiner Einschätzung zufolge unter dem Schutz dieser Lüge gedeihen: Von der Titelgebung "Eliteuniversität" bis hin zur Fixierung auf diverse Pisa- und OECD-Studien ließ Liessmann nichts aus und wenig gelten. Vor allem, dass "viel Geld für bloße Strukturbezeichnungen" ausgegeben werde, erregte den Zorn des streitbaren Philosophen.

Dabei bekam auch die Sozialdemokratie ihr Fett weg: Statt Konzepte auf ihre inhaltliche Tauglichkeit zu untersuchen, lasse sie sich von "Taschenspielertricks" blenden, die mit Zahlen und Statistiken einen ungemeinen Bedarf an "Eliteuniversitäten" suggeriere: "Klüger wäre es, die Stärken vorhandener Strukturen zu nützen und auszubauen, als vorzutäuschen, man könne in fünf Jahren völlig neue Strukturen aus dem Boden stampfen." Allein die Vorstellung, "dass Lehrer in ihrer Ausbildung nur mit Pädagogen konfrontiert sind, ist ein Horror", brach Liessmann eine Lanze für ein Lehramtsstudium an der Universität. Finanzielle Barrieren

Und brachte damit SP-Chef Alfred Gusenbauer gegen sich auf: Die SPÖ denke nicht daran, diese Ausbildung allein den pädagogischen Hochschulen zu überlassen, sie müsse vielmehr als "Modul" eines an die Unis gekoppelten Studiums gesehen werden.

Abgesehen davon will die SPÖ einige Punkte vorrangig reihen, so Bildungssprecher Erwin Niederwieser: etwa den freien Zugang zu allen Bildungseinrichtungen ohne finanzielle Barrieren und die gemeinsame Schule bis zum 14. Lebensjahr. Inhaltlich wird eine vorsichtige Abkehr von der Ausrichtung auf Naturwissenschaften und die Hinwendung zu kulturellen Schwerpunkten angestrebt. Ob das allein beheben kann, was die Klagenfurter Vizerektorin Petra Hesse an Lehrerfahrung beizusteuern hatte, wurde allerdings nicht hinterfragt: Weder in der Schweiz noch in Deutschland habe sie eine so starke Anpassung der Studenten an hierarchische Verhältnisse vorgefunden. Kritische Fragen würden kaum gestellt, die Freude an neuer Erkenntnis sei außerordentlich schwach ausgeprägt. (Samo Kobenter/DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2004)