Die SPÖ lud Experten zur Debatte ihres Bildungsprogramms und bekam einiges zu hören
Redaktion
,
Wien
– Die SPÖ hatte zu ihrer
Klubklausur und Präsentation
ihres Bildungsprogramms
unter anderem den Philosophen Konrad Paul Liessmann
geladen, der das als Anregung
verstand, den "Advocatus Diaboli" einmal auf einer Parteibühne zu geben.
"Nirgends wird so viel gelogen wie in der Bildungspolitik", stellte Liessmann einleitend fest, um dann die parteiübergreifenden Unsinnigkeiten zu geißeln, die seiner Einschätzung zufolge unter dem
Schutz dieser Lüge gedeihen:
Von der Titelgebung "Eliteuniversität" bis hin zur Fixierung auf diverse Pisa- und
OECD-Studien ließ Liessmann nichts aus und wenig
gelten. Vor allem, dass "viel Geld für bloße Strukturbezeichnungen" ausgegeben
werde, erregte den Zorn des
streitbaren Philosophen.
Dabei bekam auch die Sozialdemokratie ihr Fett weg:
Statt Konzepte auf ihre inhaltliche Tauglichkeit zu untersuchen, lasse sie sich von "Taschenspielertricks" blenden,
die mit Zahlen und Statistiken
einen ungemeinen Bedarf an
"Eliteuniversitäten" suggeriere: "Klüger wäre es, die Stärken vorhandener Strukturen
zu nützen und auszubauen,
als vorzutäuschen, man könne
in fünf Jahren völlig neue
Strukturen aus dem Boden
stampfen." Allein die Vorstellung, "dass Lehrer in ihrer
Ausbildung nur mit Pädagogen konfrontiert sind, ist ein
Horror", brach Liessmann
eine Lanze für ein Lehramtsstudium an der Universität.
Finanzielle Barrieren
Und brachte damit SP-Chef
Alfred Gusenbauer gegen sich
auf: Die SPÖ denke nicht daran, diese Ausbildung allein
den pädagogischen Hochschulen zu überlassen, sie
müsse vielmehr als "Modul"
eines an die Unis gekoppelten
Studiums gesehen werden.
Abgesehen davon will die
SPÖ einige Punkte vorrangig
reihen, so Bildungssprecher
Erwin Niederwieser: etwa den
freien Zugang zu allen Bildungseinrichtungen ohne finanzielle Barrieren und die
gemeinsame Schule bis zum
14. Lebensjahr. Inhaltlich
wird eine vorsichtige Abkehr
von der Ausrichtung auf Naturwissenschaften und die
Hinwendung zu kulturellen
Schwerpunkten angestrebt.
Ob das allein beheben kann,
was die Klagenfurter Vizerektorin Petra Hesse an Lehrerfahrung beizusteuern hatte,
wurde allerdings nicht hinterfragt: Weder in der Schweiz
noch in Deutschland habe sie
eine so starke Anpassung der
Studenten an hierarchische
Verhältnisse vorgefunden.
Kritische Fragen würden
kaum gestellt, die Freude an
neuer Erkenntnis sei außerordentlich schwach ausgeprägt. (Samo Kobenter/DER STANDARD, Printausgabe, 21.9.2004)
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